Zwei Tote nach Schüssen in Wien: Paar lebte in Trennung

WIEN: ZWEI TOTE NACH SCHÜSSEN IN DER LEOPOLDSTADT
24-jährige Tochter wurde am Kopf getroffen und kämpfte am Mittwoch weiter um ihr Leben. Laut derzeitigem Ermittlungsstand soll ein 44-Jähriger nach "Familienstreit" zur Waffe gegriffen haben.

Zusammenfassung

  • Bei einem Familienstreit in Wien-Leopoldstadt wurden zwei Menschen erschossen und zwei weitere schwer verletzt, darunter die Tochter des mutmaßlichen Täters.
  • Der 44-jährige mutmaßliche Täter richtete nach einem Schusswechsel mit der Polizei die Waffe gegen sich selbst und wurde tot in seinem Auto gefunden.
  • Die Polizei ermittelt weiterhin zu den genauen Beziehungen der Beteiligten und hat eine Obduktion angeordnet; Hilfsangebote für Betroffene von Gewalt werden betont.

Zu einem Streit wurde die Polizei am Dienstagabend im Bereich der Vorgartenstraße/Wehlistraße in Wien-Leopoldstadt gerufen. Am Einsatzort angekommen, seien die Beamten auf einen Mann aufmerksam geworden. Ersten Erhebungen zufolge zielte der 44-Jährige kurz darauf mit einer Waffe auf die Beamten, wie Polizeisprecherin Julia Schick am Dienstagabend berichtete. Danach kam es zur Schussabgabe von beiden Seiten.

Dem Mann gelang anschließend die Flucht, im Anschluss wurde er aber leblos in seinem Auto aufgefunden - er dürfte sich selbst erschossen haben. Geklärt werden soll das anhand einer Obduktion. Die Polizei konnte eine Schusswaffe sicherstellen, wie am Mittwoch von einer Polizeisprecherin berichtet wird.

In der Zwischenzeit fand die Polizei eine leblose 44-jährige Frau in einer Wohnung auf. Laut Polizei handelt es sich um die Ex-Lebensgefährtin des 44-Jährigen. Das Paar habe getrennt gelebt, sei aber noch verheiratet gewesen, heißt es von der Polizeisprecherin.

Außerdem wurden in der Wohnung zwei schwer verletzte Personen aufgefunden: Die 24-jährige Tochter der beiden sowie ein 26-jährigen Mann, der ein Angehöriger der Familie sein soll. Laut Nachbarn soll es sich um den Freund der Tochter handeln, die Polizei kann das allerdings noch nicht bestätigen.

Die 24-jährige Tochter - sie wurde am Kopf getroffen - befand sich in einem äußerst kritischen Zustand, "die Ärzte kämpfen um ihr Leben", berichtete ein Sprecher des Wiener Gesundheitsverbunds am Mittwoch im Gespräch mit der APA. Der 26-Jährige dagegen konnte am Mittwoch bereits auf die Normalstation verlegt werden.

"Familienstreit"

Laut derzeitigem Ermittlungsstand soll es am Dienstagabend zu einem "Familienstreit" gekommen sein, wie die Polizei berichtet. Der 44-Jährige soll seine Ex-Lebensgefährtin, seine Tochter und den 26-jährigen Angehörigen mit einer Schusswaffe getötet bzw. schwer verletzt haben. Eine gerichtliche Obduktion wurde durch die Staatsanwaltschaft Wien angeordnet. Die Ermittlungen laufen weiter. Der 26-Jährige habe bisher aufgrund seines Gesundheitszustandes noch nicht einvernommen werden können, berichtet die Polizei.

Rund um den Tatort ist es am Mittwochvormittag wieder ruhig.

Rund um den Tatort ist es am Mittwochvormittag wieder ruhig.

Lage am Tatort

Am Tatort selbst ist am Mittwochvormittag wieder Ruhe eingekehrt. Vom Großeinsatz der Polizei am Dienstagabend zeugt kaum noch etwas. Lediglich die Tür zur Wohnung, in der die 44-Jährige aufgefunden wurde, wurde von der Polizei versiegelt.

Spurlos vorbeigegangen ist der Einsatz am Dienstag an den Anrainerinnen und Anrainern aber nicht. „Ich war zu Hause mit meiner Tochter Abendessen und auf einmal haben wir Schüsse gehört. Wir haben hinausgeschaut und viele Polizisten und Sanitäter gesehen“, sagt Nachbarin Monika Lasser.

Nachbarin Monika Lasser

Nachbarin Monika Lasser

"Schüsse und Hilfeschreie aus Wohnung gehört"

Ein 33-jähriger Nachbar ist sogar unmittelbar nach dem Tatgeschehen in das Wohnhaus gekommen: "Ich bin gerade vom Einkaufen gekommen und hab Schüsse und Hilfeschreie aus der Wohnung gehört." Ein junger Mann, den der 33-Jährige nicht kannte, habe daraufhin die Wohnungstür aufgemacht, aus der die Hilferufe kamen. Der junge Mann sei an der Schulter verletzt gewesen, sagt der 33-Jährige. In der Wohnung habe der Nachbar dann "beide Damen blutend am Boden gesehen". Auch ein Dreijähriger sei in der Wohnung anwesend gewesen, berichtet der 33-Jährige. Die Polizei könne aufgrund der "dynamischen Situation am Tatort" derzeit aber weder bestätigen noch dementieren, ob sich auch Kinder in der Wohnung befunden hätten.

Der 33-jährige Nachbar

Der 33-jährige Nachbar ist unmittelbar nach der Tat in die Wohnung getreten.

Der 33-Jährige aber erzählt, dass kurz nach ihm eine Nachbarin in die Wohnung dazugekommen sei, die die Rettung gerufen habe. "Mein erstes Ziel war, den Dreijährigen, der auch im Zimmer war, ins Schlafzimmer zu bringen. Aber er ist immer wieder reingerannt. Also hab ich ihn in die Wohnung einer Nachbarin gebracht", sagt der 33-Jährige, der lieber anonym bleiben möchte.

Eine andere Nachbarin sagt: "Es sind sehr nette Menschen, die Frau hat immer mein Packerl entgegengenommen. Es ist für mich sehr erschreckend, dass der Mann, von dem ich auch einen sehr netten Eindruck hatte, so etwas tut.“

Schweigeminute für Opfer

Reaktionen kamen Mittwoch vom Verein StoP (Stadtteile ohne Partnergewalt) sowie dem Frauenring. Auf einer Pressekonferenz des Vereins, der am Mittwoch in Wien seine jüngste Kampagne vorstellte, wurde eine Schweigeminute für die Opfer der Bluttat eingelegt. Vereinsvorsitzende Maria Rösslhumer richtete den Opfern und Hinterbliebenen in diesem Zusammenhang ihr tiefstes Mitgefühl aus. Klaudia Frieben vom Österreichischen Frauenring, ebenfalls auf der Pressekonferenz anwesend, erklärte in diesem Zusammenhang, dass die jüngste Tat erneut die Dringlichkeit des Themas offenbare. Sie sei "sehr wütend", sagte Frieben am Mittwoch der APA am Rande der Pressekonferenz.

Der Vorsteher des Bezirksgerichts Meidling, Oliver Scheiber, sah auch eine Verschärfung des Waffenrechts als notwendig an. Er verstehe nicht, "warum jemand - mit Ausnahme von Bundesheer oder Polizei - eine Waffe braucht", sagte Scheiber unter Verweis darauf, dass dies seine rein persönliche Meinung sei.

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