"Halbierung undenkbar": Orthopädie warnt vor Bettenkürzungen im Spital

In the Hospital Sick Male Patient Sleeps on the Bed. Heart Rate Monitor Equipment is on His Finger.
Der „Regionale Strukturplan“ sieht weniger Betten in Wiens Spitälern vor. Die Vinzenz-Gruppe warnt nun vor möglichen Einsparungen in der Orthopädie. Diese seien „medizinisch nicht vertretbar“.

Vor rund zwei Wochen wurde von der rot-pinken Stadtregierung der „Regionale Strukturplan 2030“ für Wiens Gesundheitsversorgung (RSG) präsentiert. Laut dem Expertenentwurf, der aktuell in Begutachtung ist, möchte man in Wien die nächsten fünf Jahre vermehrt auf ambulante Versorgung setzen. Im Zuge dessen sollen rund 800 stationäre Betten eingespart werden.

Für die Spitäler der Vinzenz-Gruppe hätte eine solche Sparmaßnahme gravierende Folgen: Rund die Hälfte der stationären Betten der Kliniken Speising und Herz-Jesu würden dabei dem Rotstift zum Opfer fallen. In konkreten Zahlen heißt das 50 statt 90 orthopädische Betten im Herz-Jesu-Krankenhaus sowie 116 statt derzeitig 240 im Klinikum Speising.

Große Verwunderung

Man sei verwundert und irritiert, sagte David Pötz, der Geschäftsführer der Wiener Vinzenz-Kliniken, bei einem Medientermin am Donnerstag. Die beiden Spitäler mit orthopädischem Schwerpunkt zählen zu den führenden Krankenhäusern im Bereich Knie- und Hüftgelenksersatz. Insgesamt rund 120.000 Patientinnen und Patienten werden jährlich versorgt.

Beide Fachkliniken würden bereits so effizient wie möglich arbeiten, wurde betont. So liege die Tagesklinikquote in der Herz-Jesu Klinik bei 30 Prozent. Auch die Verweildauer nach Operationen sei mit drei bis vier Tagen unterdurchschnittlich, so Elvira Czech, Geschäftsführerin des Herz-Jesu Krankenhauses. Zum Vergleich: Der österreichweite Schnitt liege bei sieben Tagen. „Wir haben ein Maximum an Effizienz schon erreicht. Noch mehr herauszuholen, ist medizinisch nicht mehr vertretbar“, sagt Czech in Verweis auf die bevorstehenden Änderungen. Durch weitere Strukturmaßnahmen könnten Einschränkungen kaum kompensiert werden.

„Eine Halbierung ist undenkbar“, betonte Pötz. Ein Bettenabbau führe zudem langfristig zu längeren Wartezeiten bei elektiven, also planbaren, Eingriffen, warnt man. „Der Topf an Wartezeiten würde jedes Jahr größer werden“, sagte sie. So warte man derzeit sieben bis neun Monate auf eine Hüftprothese, was sich mit der Bettenreduktion weiter ausdehnen würde. Der bevorstehende Abbau würde zu einer Verschlechterung der Versorgung führen, ist auch Bernhard Tousek, der Geschäftsführer des Spitals in Speising überzeugt.

Bedarf wird vervierfacht

Die Kapazitäten im Bereich der Orthopädie zu reduzieren, entspreche nicht dem tatsächlichen Bedarf. So zeigen Prognosen eine Vervierfachung dessen bis zum Jahr 2040, erläutert Petra Krepler, Leiterin der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie und Fachgruppensprecherin Orthopädie der Vinzenz Gruppe.

Grund dafür sei die demografische Entwicklung in der Stadt. Derzeit liege das durchschnittliche Patientenalter bei 65 Jahren oder älter. Die Spezialisierung der Spitäler sei außerdem gemeinsam mit der Stadt entwickelt worden. Die gemeinnützigen Krankenhäuser würden über einen Versorgungsauftrag im öffentlichen Gesundheitswesen verfügen, da die Finanzierung über die Stadt und den Wiener Gesundheitsfonds erfolge, so Pötz. Es sei klar, dass aufgrund der wirtschaftlichen Lage verantwortungsvoll mit den Steuermitteln umgegangen werden müsse.

Der überwiegende Anteil der Patienten stamme aus Wien, Gastpatienten aus den Bundesländern hätten abgenommen. „Es gibt viel Bedarf in der Stadt. Deshalb wäre es kurzsichtig Fachkliniken zu zerstören“, so Pötz in Hinblick auf eine mögliche politische Einigung zur Ostregion.

Aus dem Büro von Gesundheitsstradtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt es indes, dass die Gastpatientenanzahl dem österreichischen Schnitt angepasst werden soll. Besonders im orthopädischen Bereich sei deren Anteil beträchtlich. „Da diese Zahl in den kommenden Jahren spürbar zurückgehen wird, ist es auch möglich, die Bettenanzahl in diesem Fach zu reduzieren.“

Aktuell hoffe die Vinzenz-Gruppe die Änderungen abwenden zu können. Am 3. Dezember gibt es deshalb einen Termin bei Stadtrat Hacker.

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