Der Wiener Plan: Mehr Gesundheitszentren, weniger Betten
„Wir haben uns nicht davor gescheut, große Gedanken zu wälzen“, sagte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Mittwoch. „Und wir haben uns zu großen Schritten entschieden.“ Gemeinsam mit Wiener ÖGK-Landesstellenausschuss-Vorsitzenden Agnes Streissler-Führer und Jing Hu, der Gesundheitssprecherin der Wiener Neos, stellte er vor Medienvertretern den „Regionalen Strukturplan 2030“ (RSG) vor. Sprich: Wie sich die Gesundheitsversorgung in Wien in den kommenden fünf Jahren weiterentwickeln soll. Ein Überblick:
Die Versorgung wird ambulanter. Bis Ende 2030 soll es 169 regionale Gesundheitszentren geben, derzeit gibt es rund 70. Darunter 80 Primärversorgungszentren (PVE), derzeit gibt es 25. Ziel ist, dass es in jedem Bezirk mindestens ein PVE gibt. In solchen Einrichtungen wird eine hausärztliche Grundversorgung angeboten.
Dabei kommen multiprofessionelle Teams, bestehend aus Ärzten, diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegern oder Psychologen zum Einsatz. Das ärztliche Personal soll um 24 Prozent auf 3.400 Stellen aufgestockt werden, erklärte Streissler-Führer. Fast zwei Drittel davon, rund 2.180 Stellen, eben in der Primärversorgung. „Wir sind zuversichtlich, dass wir kein Problem bei der Personalsuche haben werden“, so Hacker.
Schwerpunkt: Gynäkologie und Kinder- und Jugendheilkunde. Derzeit gibt es kein Zentrum für alle gynäkologischen Anliegen, bis Ende 2030 sollen neun errichtet werden. Die Kinder- und Jugendheilkunde wird von elf auf 14 Zentren aufgestockt, wovon sechs auch am Wochenende und an Feiertagen geöffnet haben sollen. Auch Zentren für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind geplant.
Spezialisierte Zentren: Von Diabetes bis Schrittmacher. Bei der Schaffung von neuen Zentren geht man auch ungewöhnliche Wege. So soll in einem ein Schwerpunkt auf ambulantes Operieren, also kleinere chirurgische Eingriffe, gesetzt werden. Auch geplant: Zentren für Diabetes, chronische Schmerzen, Schrittmacher und Schilddrüse, für die inklusive Zahn- und kieferchirurgische Versorgung, Wundzentren, ein Gerontopsychiatrisches Zentrum sowie ein Tele-Center COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Ein onkologisches Versorgungszentrum, eine Down-Syndrom-Ambulanz, Zentren für die hämato-onkologische Versorgung und eine Infusionsambulanz stehen ebenso am Plan wie ein Zentrum zu Postakuten Infektionssyndromen (PAIS) wie etwa Post Covid oder der schweren Multisystemerkrankung ME/CFS.
800 weniger Spitalsbetten bis Ende 2030. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen 800 Betten in den Fonds-Krankenanstalten abgebaut werden, es sollen dann nur noch circa 8.400 zur Verfügung stehen. Bei der Pressekonferenz wurde diese Entscheidung damit begründet, dass „wegen des medizinisch-technischen Fortschritts die durchschnittliche Verweildauer der Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern kürzer wird“, wie Hacker sagte.
Zudem würden viele Menschen ohnehin lieber zu Hause schlafen. Wenn man dadurch Nachtdienste und Wochenenddienste reduzieren könne, käme man damit zusätzlich den Bedürfnissen der Spitalsmitarbeiter entgegen. Ein weiterer Vorteil: Ein Wegfall einiger dieser Dienste hätte auch Kostenersparnisse im System zur Folge.
500 Betten für Akutgeriatrie und Remobilisation. An anderer Stelle werden die Betten aufgestockt. 884 Betten sollen zukünftig für Akutgeriatrie und Remobilisation zur Verfügung stehen.
Tagesklinische Kapazitäten werden aufgestockt. Im stationären Bereich werden die Stellen um über 50 Prozent erhöht – von 650 auf 1.000 Plätze.
Gastpatienten: Abstriche, aber nicht in Akutversorgung. Die Gastpatienten seien in den Planungen berücksichtig worden. Im stationären Bereich sollen sie bis 2030 von 70.000 auf 34.000 fast halbiert werden. Im Akutbereich und im ambulanten Bereich werde es keine Abstriche geben. Die Versorgung in hochspezialisierten Fächern wie die Onkologie und Neurologie stehe außer Frage.
Die Planung habe aber vor dem von Wien einberufenen Gesundheitsgipfel mit Niederösterreich und Burgenland stattgefunden, der gerade vorbereitet wird. Sollte es hier zu einer Einigung für eine überregionale Versorgungsplanung kommen, könnte die Planung noch verändert werden. Hacker zeigte sich erfreut, da die bisherigen Gespräche „sehr konstruktiv“ verlaufen würden.
Der digitale Ausbau soll weitergehen. Die Digitalisierung sei ihr Herzensprojekt, sagte Jing Hu. Die Möglichkeit der Terminbuchung über die Hotline 1450 soll beispielsweise auf sämtliche Gesundheitsanbieter in der Stadt ausgedehnt werden. Der Apothekenruf 1455 ist bereits integriert. Auch die ärztliche Videoberatung über 1450 wird ausgebaut.
Wann soll der Plan in Kraft treten? Der RSG wird vom Land Wien mit der Sozialversicherung geplant und mit dem Bund beschlossen. Berücksichtigt worden seien unter anderem Demografie, Wegstrecken, Epidemiologie und Leistungsfähigkeit der Anbieter. Am 1. Jänner 2026 soll der Plan in Kraft treten.
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