Geiselnahme im Parlament: Urteil fällt

Geiselnahme im Parlament: Urteil fällt
Ein verwirrter Iraner brachte eine Bewacherin in seine Gewalt. Gut gerüstet war man für so eine Situation nicht: Prozess.

Man kommt sich so hilflos vor“, sagt die Frau aus der Sicherheitszentrale des Parlaments, die am 27. August 2011 von einem verwirrten Iraner als Geisel genommen worden war. Regina H. war aber gar nicht hilflos, sie agierte trotz mangelnder Schulung für derartige Situationen höchst kompetent.

Der Geiselnehmer hielt ihr ein Messer an den Hals und verlangte, „mit dem Fischer Heinz“, also mit dem Bundespräsidenten, sprechen zu können. Er sagte zu der Frau: „In zehn Minuten bin ich mit dir fertig.“ Das könne man, sagt Regina H. im Zeugenstand, „verstehen wie man will“. Die Zeitspanne komme einem „unendlich vor“. Trotzdem dachte sie noch – Sekunden, bevor sie der Mann packte – daran, dass die Fenster in der Sicherheitszentrale kugelsicher sind. Und machte eines auf, um den Scharfschützen freie Bahn zu lassen.

Auf den Monitoren hatte sie schon mitbekommen, was sich draußen im Parlamentsfoyer abspielt. „Wie die Kollegen aufgescheucht herumrennen und in Panik sind.“ Der 37-jährige Amin T., der an religiösen Wahnvorstellungen leidet, hatte sich mit drei faustgroßen Steinen und einem Buttermesser bewaffnet Zutritt zum Parlament verschafft. Während die anderen Besucher flüchteten, konnte der Asylant durch drei Sicherheitsschleusen schlüpfen und bis zur Zentrale der Bewacher vordringen, in der Regina H. allein war. Als zwei Polizisten die Tür öffneten – im Fachjargon „Täteransprache“ genannt – schleuderte Amin T. die Steine in ihre Richtung. Die Tür wurde rasch wieder zugezogen. Ein Beamter konnte schließlich doch vorrücken und dem Geiselnehmer Pfefferspray ins Gesicht sprühen. Doch einmal mehr zeigte sich, dass dieses Mittel bei aufgebrachten Leuten nicht wirkt bzw. ihre Rage noch verstärkt.

Rettung

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Endlich rückte die WEGA (Sondereinheit der Polizei) an, „es kam eine Blendgranate geflogen und ich wusste, das ist meine Rettung“, sagt Regina H. Weshalb sie sich da so sicher gewesen sei? „Das weiß man aus dem Fernsehen.“ Alles in allem war der Vorfall zugleich so etwas wie die Übung eines Angriffs auf das Parlament in Echtzeit. Und man muss sagen: Die Übung ist – zumindest vom Ablauf her – misslungen. „Glück gehabt“, so empfindet es Regina H., die allerdings vertraute, „dass es gut ausgeht“. Als hinter ihr die Tür zum Gerichtssaal zuklappt, erschrickt sie. Ja, das Erlebte wirke schon noch nach, sagt sie.

Der Geiselnehmer sagt, er habe von sich selbst so eine Tat nie erwartet. „Wenn ich zu laut war, möchte ich mich bei allen dort entschuldigen.“ Verletzen hätte er mit dem runden Messer ohnehin niemanden können, meint er. Psychiater Heinz Pfolz hält ihn für gefährlich und empfiehlt die Einweisung in eine Anstalt. Amin T. selbst fühlt sich nicht krank, obwohl er behauptet, seit sieben Jahren mit der Jungfrau Maria zusammenzuleben. Das Urteil wird heute, Dienstag, gefällt.

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