Gegen den Leerstand: Neues Leben in alten Wiener Hotels

Aus dem Hotelpool ein Taufbecken machen – das war der Vorschlag einiger Mitglieder, erzählt Pater Georg Rota vom Zentrum Johannes Paul II. Denn dort, wo früher einmal der Wellnessbereich des Beauty-Hotels Aphrodite an der Praterstraße war, soll bald schon der zweite Stock eines Gebetsraumes entstehen. „Den Pool werden wir aber wohl nicht behalten“, sagt Rota.
Die Glaubensgemeinschaft zieht bald ins Hotel. Nicht aber in eines mit Rezeption und Zimmerservice, sondern in eines, das seit 2008 leer steht. Die glanzvollen Jahre als berühmter Beautytempel sind zwar längst vorbei, die Spiegel an der Spindeltreppe, die Grundrisse der Zimmer und nicht zuletzt der Pool mit der orientalischen Verglasung erinnern aber noch immer daran. Gleichzeitig bringt der entkernte Bau das Flair einer Kirche schon von sich aus mit sich. Ähnlich einem dreischiffigen Gotteshaus zieht sich das Gebäude in die Länge und endet in einem durch eine Glasdecke erhellten größeren Raum. Ein kleiner Altar und ein Kreuz stehen auch schon da.
Internationale Marken
Dass ein ehemaliges Hotel zu einer Kirche wird, sei für Wien etwas einzigartiges, sagt Hotel-Immobilienmakler Simon Kronberger. Dass leer stehende Hotels aber nicht wieder als Hotels eröffnet werden, sei durchaus üblich. Kleine Hotels mit weniger als 70 Zimmern seien am Markt kaum gefragt, sagt Kronberger. „Aus operativer Sicht braucht man immer Mitarbeiter, egal wie viele Zimmer man hat. Hotelbetreiber interessieren sich deshalb eher für größere Hotels.“
Seit Jahren würden internationale Marken auch in Wien kleinere Privathotels – bei denen die Eigentümer die Betreiber sind – zunehmend verdrängen. Aus leer stehenden Hotels werden deshalb häufig Büros oder Wohnungen. In Extremfällen – wie etwa dem ehemaligen Thüringer Hof in Währing – muss sogar die gesamte Immobilie weichen. Statt des markanten Gründerzeithauses steht in der Jörgerstraße Ecke Theresiengasse nun ein neuer schwarz-beiger Wohnkomplex. Von dem ehemaligen Hotel keine Spur mehr.

Statt dem Gründerzeithaus steht jetzt ein moderner Wohnkomplex an der Jörgerstraße Ecke Theresiengasse in Währing
Nicht annähernd so extrem ist die Situation beim erst kürzlich aufgelassenen Hotel Triest in der Innenstadt. Derzeit überlege man, welches Projekt für das Gebäude das Richtige sei. Angebote und Ideen gebe es in Hülle und Fülle, sagt Andreas Zenker, Sprecher der Eigentümerfamilie List. „Ein Hotel Triest, so wie es jetzt ist, wird aber nicht wieder aufsperren.“
Ausnahmen bestätigen aber bekanntlich die Regel: Im ehemaligen Fischhof am Hohen Markt soll ein neues Hotel entstehen. Der Eigentümer, die Luxury-Living-Gruppe, verkündet auf ihrer Website das Projekt eines „urbanen Lifestyle-Hotels“ samt Dachterrasse. Auf KURIER-Anfrage wird allerdings betont, dass man sich derzeit noch in der Projektfindungsphase befinde. Was genau entstehen wird, sei also noch nicht klar. Dass ein neues Hotel einzieht, sei aber zumindest nicht auszuschließen.
Neues Leben im Hotel Fürstenhof
Auch dem Hotel Fürstenhof gegenüber vom Westbahnhof könnte neues Leben in Form eines neuen Hotelprojekts eingehaucht werden. Allerdings „ist der eine oder andere Mieter noch in der Immobilie“, sagt Eigentümer Benedikt Komarek, der auch die Schani-Hotels betreibt. Bis das gesamte Gebäude bestandsfrei, wie das so schön heißt, werde, passiere also erst einmal nichts.
Mieter seien in Österreich sehr gut geschützt, erklärt Hotel-Immobilienmakler Simon Kronberger. „Statt die Immobilien wieder unbefristet zu vergeben, stehen sie oft jahrelang leer. Erst wenn gar keine Mieter mehr im Haus sind, zahlen sich die Renovierungsarbeiten für den Eigentümer aus.“ Und so wird das alte, kleine Hotel oft zu einem neuen, großen.
Erst seit der Pandemie gibt es laut Kronberger auch einen entgegengesetzten Trend in Richtung Individualisierung und kleinen Privathotels. Einen Tauf-Pool wie im Aphrodite wird man aber wohl auch dort nicht finden.
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