Gastronom Bernd Schlacher: "Es geht uns immer noch saugut in Wien"

Gastronom Bernd Schlacher: "Es geht uns immer noch saugut in Wien"
Schlacher hält wenig vom Krisengejammere, überlegt eine Klage gegen die Republik – und fordert Respekt für Kellner und Köche: „Mancherorts werden sie wie Leibeigene behandelt“.

Was Gastronom Bernd Schlacher in die Hand nimmt, das klappt. Für sein gastronomisches und unternehmerisches Gespür hat ihn der renommierte Restaurant- und Kulinarik Guide Falstaff ausgezeichnet. Der KURIER traf Schlacher an seiner jüngsten Wirkungsstätte – im Restaurant „Chez Bernard“ seines Hotel „Motto“ auf der Mariahilfer Straße – zum Gespräch.

KURIER: Falstaff hat Sie zum „Gastronomen des Jahres“ gekürt. Was bedeuten Ihnen derartige Auszeichnungen?

Bernd Schlacher: Das ist eine große Ehre. Aber es ist eine Folge dessen, was man in der Vergangenheit erreicht hat. Mir ist es wichtig, in die Zukunft zu blicken – und meine Betriebe wirtschaftlich so zu führen, dass meine Mitarbeiter einen fixen Job haben. Das sind Fragen, mit denen man sich seit der Krise noch mehr beschäftigt als früher.

Dass Sie während der Krise den Mut hatten, Ihr Hotel zu eröffnen, wurde anlässlich der Auszeichnung als „Zeichen des Aufbruchs“ gelobt. Ist der Aufbruch gelungen? Ja, der Aufbruch ist bei den Menschen angekommen. Und das ist wichtig so: Wenn wir in der Geschichte zurückblicken, sehen wir, dass es immer wieder Krisen gibt. Das Leben besteht aus Krisen. Sich da nur als Opfer zu sehen, hilft nicht. Man muss Probleme lösen – nicht jammern. Und wir dürfen eines nicht vergessen: Es geht uns immer noch saugut hier in Österreich.

Die Menschen scheinen nach Lockdowns und Beschränkungen wieder Lust auf die Gastro zu haben. Im „Chez Bernard“ ist es zeitweise kaum möglich, einen Tisch zu bekommen.

Die Buchungslage im Restaurant ist sehr, sehr gut. Wir müssen damit aber auch die schwierige Buchungslage im Hotel abfedern. Unsere Mitarbeiter dort leisten Großartiges. Nachdem das Hotel im Oktober aufgesperrt hat, haben wir aber gleich einmal wieder zugesperrt. Das Weihnachtsgeschäft war kaputt. Dass wir während der Pandemie dennoch auf eine Auslastung von mehr als 50 Prozent gekommen sind und ich im ersten halben Jahr im operativen Betrieb kein Geld zuschießen musste, ist eine Leistung, auf die ich stolz bin.

Ihr Konzept für das Restaurant war, nicht nur Hotelgäste anzusprechen, sondern es zu einem Treffpunkt für Wienerinnen und Wiener zu machen. Nehmen die Einheimischen das an?

Ja, das tun sie. Dafür sind wir ihnen auch sehr dankbar, sie haben uns durch die Krise getragen. Mittlerweile ist es so, dass wir oft nicht einmal allen Hotelgästen einen Platz im Lokal bieten können, weil sie zu spät reservieren. Aber wir bemühen uns. Jetzt, wo es warm wird, können wir endlich auch die Dachterrasse in Betrieb nehmen.

Das Wehklagen in der Branche ist immer noch groß. Viele in Gastro und Tourismus wünschen sich weitere staatliche Hilfen. Braucht es das wirklich noch?

Wer von Touristen aus dem Ausland abhängig ist, der hat es nicht leicht – unser Catering etwa leidet darunter, dass kaum Kongresse stattfinden. Und für das Hotel haben wir bis jetzt keine Förderungen erhalten. Da wir erst inmitten der Krise eröffnet haben, gab es keinen Vergleichszeitraum, an dem man einen Umsatzersatz berechnen hätte können. Daher gab es nichts. Ich überlege, auf Gleichberechtigung zu klagen. Es kann nicht sein, dass man in der Krise investiert – und im Gegenzug schlechter behandelt wird.

Teilen Sie die Hoffnung, dass die schwierigste Zeit überstanden ist?

Es wird wohl in den nächsten Monaten eine Bereinigung in der Branche geben, nicht alle werden es schaffen. Wien hatte mit der strengen Corona-Politik lange Zeit einen internationalen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Städten. Ich erinnere mich an Silvester: Während man in Barcelona oder anderen Metropolen kein Zimmer mehr bekommen hat, herrschte in Wien gähnende Leere. Die Corona-Zahlen waren bei uns damals auch nicht höher oder niedriger als anderswo – aber wir waren ja Testweltmeister, haben die Infektionszahlen in die Welt hinausposaunt und niemanden hereingelassen. Das war für die Branche nicht hilfreich. Entscheidend wird nun sein, was im Herbst passiert.

Der Personalmangel macht der Branche zu schaffen.

Die Lage ist angespannter denn je. Viele wurden von der unsicheren Zukunft im Job abgeschreckt, und das verstehe ich auch. Es gab zwei Jahre lang fast nur Kurzarbeitsgeld, den Kellnern ist das Trinkgeld ausgefallen – und zugleich wurde rundherum alles teurer.

Wie lässt sich das lösen?

Die Löhne in der Gastro werden in den nächsten Jahren massiv steigen müssen. Der Job am Gast bedeutet permanenten Stress. Da gibt es Mitarbeiter, die finden kaum die Zeit, auf die Toilette zu gehen. Mancherorts werden sie ja fast wie Leibeigene behandelt, auch von den Gästen. Das ist unerträglich. Diese Arbeitsbedingungen müssen sich ändern. Dass das für die Gäste teurer wird, ist klar. Vielleicht kann man künftig nicht mehr vier oder fünf Mal in der Woche essen gehen, sondern nur ein Mal. Wenn Benzin teurer wird, fahren wir auch weniger mit dem Auto – es klappt trotzdem. So ist das halt.

„Bernd Schlacher war wieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, schreibt Falstaff. Wo werden Sie denn künftig sein? Das Hotel war ein Lieblingsprojekt von mir. Ich bin dankbar, dass ich die Idee umsetzen und mich austoben konnte. Jetzt geht es darum, den laufenden Betrieb sicherzustellen. Das nächste Projekt entsteht am Cobenzl, auf der Baustelle machen alle einen tollen Job. Es wird eine wunderschöne Veranstaltungslocation. Wir wollen zu den Weinwandertagen im Herbst bereits offen haben.

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