Francis N. war "nicht auffällig genug"
Der Brunnenmarkt in Wien, es ist Samstagvormittag: Vier Tage nach dem brutalen Mord an der 54-jährigen Reinigungskraft Maria Eschelmüller bleiben viele Marktbesucher am Tatort stehen. An das Drama erinnert eine provisorisch eingerichteten Gedenkstätte.
Kein Respekt vor Polizei
In den vergangenen Tagen kamen immer mehr Details über den Täter ans Licht. Details, die viele Anrainer schon lange kannten. "Er wirkte immer apathisch und war extrem verwahrlost. Mich wundert es, dass er diese Eisenstange überhaupt festhalten konnte, so schlecht war sein körperlicher Zustand", sagt Susanne B., die jeden Samstag auf dem Bauernmarkt einkaufen geht. Auch sie zündete an diesem Tag eine Kerze an, wo die 54-jährige Frau erschlagen wurde.
Die Trauernden stehen indes im Halbkreis um die Gedenkstätte und stellen sich immer wieder dieselbe Frage: Wie hätte der Mord verhindert werden können?
Eine Antwort ist denkbar schwer zu finden. "Es war schon zu sehen, dass der Mann gefährlich werden könnte. Wir Anwohner haben immer wieder die Polizei verständigt, aber es gab anscheinend keinen Handlungsbedarf", sagt ein Anrainer, der anonym bleiben möchte.
Marktbesucherin Susanne B. geht da mit der Exekutive härter ins Gericht: "Es gibt schon Polizei hier. Die Beamten steigen allerdings nie aus den Fahrzeugen aus. Sie fahren vorbei und ich glaube, die Dealer und Drogensüchtigen nehmen die Polizisten deshalb gar nicht wirklich ernst."
Problem-Gebiet
Dass der Brunnenmarkt und Yppenplatz mit ihrer Nähe zur U-Bahnstation Josefstädter Straße seit Jahren ein Problem für die Polizei darstellen, ist bekannt. Aus diesem Grund finden immer wieder Schwerpunktkontrollen statt, am Brunnenmarkt befindet sich sogar eine eigene Polizeiinspektion.
Trotz der zahlreichen Beschwerden wegen Francis N. ist bis zur Bluttat wenig geschehen. Das Unterbringungsgesetz (UBG), das die Persönlichkeitsrechte psychisch Kranker regelt, griff im Fall des Kenianers nicht. "Vorläufige Erhebungen ergaben, dass bislang kein Grund vorlag, den Verdächtigen nach dem UBG dem Amtsarzt vorzuführen. Er war zwar auffällig, aber nicht in einem ausreichenden Maße", erklärt Polizeisprecher Paul Eidenberger.
Verwaltungsstrafen
Wenn eine Person, so wie Francis N., nur teilnahmslos an einer Ecke steht, kann die Exekutive nicht eingreifen. Beschwerden, dass sich der Obdachlose in der Öffentlichkeit erleichtert, zogen lediglich Verwaltungsstrafen nach sich. Medienberichte, wonach die Polizei Francis N. nach dem Unterbringungsgesetz vom Brunnenmarkt hätte fernhalten können, sind laut Polizei "schlichtweg falsch".
"Es gibt jede Woche Dutzende Fälle, wo wir Personen, die sich selbst oder andere gefährden, dem Amtsarzt vorführen. Der kann veranlassen, dass die Person anschließend in ein Krankenhaus auf die Psychiatrie gebracht wird. Ab da übernimmt dann ein Mediziner den Fall", erklärt Polizeisprecher Eidenberger.
Aber: Rund 99 Prozent der Eingewiesenen verlassen nach einer mehrstündigen Behandlung wieder das Krankenhaus.
Kommentare