Helfer brauchen oft selbst Hilfe

Benjamin Fritz kennt die Problematik. Die Freiwilligen achten mittlerweile auf sich
Viele Freiwillige kennen ihre Grenzen nicht. Supervisoren und Psychologen sorgen bei "Train of Hope" für Entlastung.

Sie sind da, wenn sie gebraucht werden – in der Nacht, am Wochenende, rund um die Uhr. Sie teilen Essen aus, dolmetschen, organisieren. Allein der Caritas halfen seit Sommer mehr als 10.400 Freiwillige bei der Betreuung der Flüchtlinge, die Helfer von Train of Hope am Wiener Hauptbahnhof leisteten 320.000 unbezahlte Stunden.

Die eigenen Bedürfnisse geraten dabei oft in den Hintergrund. "Helfer sind überall ausgebrannt, weil die Arbeit emotional belastend ist", sagt Wolfgang Knopf, Geschäftsführer der Österreichischen Vereinigung für Supervision. Zuletzt ist auch ihre Zahl zurückgegangen.

Helfer brauchen oft selbst Hilfe
Knopf, österr Verband für Supervision
Zudem würden viele Freiwillige die eigenen Grenzen nicht kennen. Einige seien mental belastet. Im Gegensatz zu Professionisten steht ihnen nämlich nicht automatisch Supervision zu – wie sonst in sozialen Berufen üblich. Für einen kurzen Austausch über Probleme, Ärger und Kummer. "In vielen Fällen ist es so, dass die Leute nicht stoppen können. Das geht aber nur eine Zeit lang gut", erklärt Knopf, der selbst Freiwillige in Traiskirchen betreut und es durchaus kritisch sieht, dass sich der Staat auf diese verlässt. "Die Grenzen sind da jetzt schon erreicht."

Distanz

Einige Helfer würden mit den Einzelschicksalen nicht zurechtkommen und könnten nicht abschalten. "Was sie aber wissen müssen ist, dass sie nur dann helfen können, wenn sie selber fit sind." Man müsse die freiwillige Tätigkeit distanziert betrachten können. Auch hier springt die Zivilgesellschaft ein. 150 Supervisoren bieten ihre Dienste an, Psychologen sind ebenfalls im Einsatz. "Die Helfer haben oft keine Psychohygiene aufgebaut, um sich zu schützen", erklärt etwa Johannes Schröer. Er gehört zum "Psy-Team" des Train of Hope. 20 bis 30 Psychologen betreuen ehrenamtlich Flüchtlinge, aber auch Freiwillige am Hauptbahnhof. Sie sprechen letztere an und raten zu Pausen.

Die Summe der Kontakte und die Dauer der Belastung könne problematisch werden, sagt Schröer. Flüchtlingen von einst, die nun selbst helfen, würden mitunter an ihre eigene Fluchterfahrung erinnert. Zudem würden Probleme wie Schlafschwierigkeiten erst nach der Akutphase auftreten. "Menschen, die über ihre Grenzen hinausgehen, sind zum Glück eine Seltenheit."

Das bestätigt Benjamin Fritz, einer der Helfer von Train of Hope. "Wir haben erkannt, dass das Tempo von September nicht durchzuhalten ist", sagt er. "Da gab es wirklich Leute, die 20-Stunden-Dienste geleistet haben. Man ist im Fluss, wird nicht müde. Es ist immer was zu tun"

Mittlerweile achte man aber auf die eigenen Grenzen, nach acht Stunden würden Helfer auch heimgeschickt. Immerhin habe man vor, noch lange im Einsatz zu sein. "Wir merken auch, dass sich die Leute Zeit für sich nehmen." Von Anfang an habe man Supervisoren dabei gehabt, es gebe wöchentliche Termine. Auch bei der Caritas wird Unterstützung angeboten.

Bei Train of Hope wird zudem positives Feedback gleich an die Helfer weitergegeben. Akut sei man also nicht ausgebrannt, sagt Fritz. Denn trotz dramatischer Geschichten, die die Helfer hören: "Das was im Kopf bleibt, sind die tollen Momente."

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