Filmcasino: Zeitreise ins Kino der Fünfziger-Jahre

Zusammenfassung
- Das Filmcasino in Wien-Margareten bietet ein nostalgisches Kinoerlebnis der Fünfziger-Jahre, ohne moderne Technik wie Dolby-Surround oder 3D.
- Das Kino wurde vom US-Magazin Variety zu einem der 21 coolsten Kinos der Welt gewählt, was das Interesse an seiner einzigartigen Atmosphäre steigert.
- Ein engagiertes Team kuratiert sorgfältig die Filmauswahl, was zu einem Besucherrekord und einer wachsenden Beliebtheit bei jüngeren Zuschauern führt.
Eine Diskussion über das Filmcasino in einem Internet-Forum bringt es auf den Punkt: "Da war ich einmal. Abgehalftert, draußen riecht es nach Kräuterzigaretten. Der Film nicht in Deutsch, keine Explosionen und Superhelden." "Klingt perfekt, da muss ich hin."
Wer das kleine, stylische Kino in der Margaretenstraße besucht, begibt sich tatsächlich auf eine Zeitreise in die Fünfziger-Jahre - Dolby-Sorround sucht man ebenso vergeblich wie High-Definition-Qualität oder 3D. Bis hin zum kleinen Verkaufskiosk, wo es oft eine lange Schlange gibt, ist alles ein Erlebnis wie damals. Eine gute Klimaanlage wurde erst im Vorjahr installiert. Slowfood statt Fastfood lautet das Motto.
Laut Variety eines der coolsten Kinos der Welt
Deshalb wurde das Filmcasino im April vom US-Lifestyle-Magazin Variety unter die 21 coolsten Kinos der Welt gereiht. Das könnte auch helfen, dass weniger Touristen kommen, die glauben, dass es hier Roulette und einarmige Banditen gibt.
1989 wurde das einstige "Margaretner Bürgerkino" wiedereröffnet, statt eines dort angedachten Supermarktes. "Mit viel Leidenschaft und nicht allzuviel Geld wurde eine umfassende, behutsame Renovierung umgesetzt, bei der unter anderem von der Architektin Elsa Prochazka die heute so ikonische Spiegelfassade gestaltet wurde", erklärt Sabine Hofmann, die Geschäftsführerin.

Filmcasino: Vor der Neueröffnung 1989
Während andere Kinos aus alter Zeit längst verschwunden sind, feierte das Filmcasino im Vorjahr einen Besucherrekord. An guten Tagen kommen schon einmal 1000 Besucher. Dabei erhält das Kino nur die üblichen Förderungen wie alle anderen "Lichtspiel-Theater". Diese machen laut Hofmann etwa acht Prozent aus. Die letzte verfügbare Bilanz 2023 weist einen Gewinn im niedrigen sechsstelligen Bereich aus.
Herausforderung ist vor allem die Filmauswahl. So werden einzelne Filme mitunter nur zwei Mal im Monat gezeigt - das betrifft aktuelle Filme ebenso wie alte. Zuletzt war der Saal etwa bummvoll, als Trainspotting auf schottisch-englisch gezeigt wurde. Die monatliche Aufführung der Rocky-Horror-Picture-Show ist meist schon im Voraus ausgebucht.

Nur ein Saal wird bespielt
Deshalb arbeitet im Hintergrund stets ein Team, das die geeigneten Filme für die "alte Dame", wie Hofmann das Kino nennt, aussucht. "Was vielleicht vor ein paar Jahrzehnten noch üblich war, nämlich einen Film anzusetzen und dann drei Wochen lang ausschließlich zu spielen, funktioniert so heute gar nicht mehr. Dazu sind viel zu viele interessante Filme am Markt, und viel zu viele Ideen wollen realisiert werden. Besonders in den vielen Specials, die gut funktionieren, stecken jede Menge Arbeit und viel Herzblut", erklärt die Geschäftsführerin. "Ein Einsaalkino erfolgreich zu programmieren braucht immer ein gutes Gespür, Talent und exzellente Marktbeobachtung, was vom aktuellen Team, bestehend aus Nadine Oucherif, Gerald Knell und Hans König, perfekt beigesteuert wird."

Das Foyer im Filmasino
"Das Kino wird ja nun bereits seit Jahrzehnten immer wieder totgesagt. Tatsächlich aber erleben wir gerade jetzt eine Renaissance", meint Hofmann. "Kinobesuche sind offenbar wieder attraktiver, und besonders freut es uns, dass immer mehr jüngere Menschen Kinosäle füllen."
Der Großteil des Publikums seien Bildungsbürger über 45 Jahren. Nach Corona strömen aber zunehmend auch jüngere Zuschauer herbei, die das Minus bei den älteren mehr als wettmachten. Zukunftssorgen sind hier derzeit kein Thema.
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