Streitthema Fiaker: Mit Pferdeschwanz zum Protestmarsch

Wer einen Pferdeschwanz trägt, ist schon mitten drinnen. Mitten im Protest gegen die Fiaker in der Stadt. Denn der Österreichische Tierschutzverein hat zur ersten Wiener „Pferdeschwanztour“ aufgerufen.
Klingt erstmal verwunderlich, wer die Protestaktionen der verschiedenen Tierschutzorganisationen gegen die Fiaker kennt, weiß aber, dass es öfter einmal kreativ zugeht. Man erinnere sich an den Sommer 2023, als der Verein gegen Tierfabriken in Pyjama und Schlafmaske protestierte.
Dieses Mal geht es den Protestierenden an die Haare: Am 29. August werden sich die Tierschützer, mit einem Pferdeschwanz frisiert, am Stephansplatz treffen. Von dort wird der Protestzug bis zum Heldenplatz verlaufen. Der Pferdeschwanz – ob geflochten oder klassisch – sei dabei ein Symbol für die Solidarität mit den Fiaker-Pferden, heißt es in der Aussendung des Tierschutzvereins.
Das Streitthema
Beim Protest gehe es nicht darum, etwas zu verbieten, sondern um „zeitgemäße Lösungen“, wird betont. Die da wären: Keine Fiaker mehr im Straßenverkehr, sondern ausschließlich in Grünzonen, geschützte Bereiche an allen Fiakerstandplätzen sowie ein Hitzefahrverbot ab 30 Grad.
Vor allem der letzte Punkt hat in den vergangenen Jahren die Gemüter erhitzt. Dermaßen, dass die Stadt Wien gemeinsam mit dem Bund und der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) eine Studie in Auftrag gegeben hat. Wie der KURIER berichtete, soll dabei herausgefunden werden, wie sich Hitze auf Pferde auswirkt.
- Derzeitige Regelung
In Wien gilt derzeit ein Hitzefahrverbot ab 35 Grad. Gültig sind die Messungen an der Station der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik bei der Oper
- Forderung
Tierschützer wünschen sich ein Hitzefahrverbot ab 30 Grad.
Der praktische Teil der Studie hat nun – nach einer längeren Vorbereitungszeit – begonnen. Zwölf Fiakerpferde sind ab sofort im Zuge von Testfahrten ein Jahr lang in der Stadt unterwegs. Untersucht werden die Tiere während der Fahrt, an den Standplätzen und im Stall.
Für Bürgerinnen und Bürger sind die an den Tests teilnehmenden Kutschen durch die Beschriftung „Wir fahren für die Wissenschaft“ erkennbar, wie das Veterinäramt (MA 60) nun mitteilte. Laufen wird die Studie bis zum vierten Quartal 2026. Bis die ersten Erkenntnisse feststehen, wird es also noch dauern.

Die an der Studie der Stadt Wien teilnehmenden Kutschen sind eigens beschriftet
Ergebnisse präsentiert
Eine andere Studie, die mit den Untersuchungen der Stadt in keinem Zusammenhang steht, ist schon deutlich weiter. Das ganze Jahr 2024 über hat ein anderes Team der Vetmed rund um Pferdesportmedizinerin Theresia Licka 58 Pferde insgesamt 764-mal getestet. Nun stehen die ersten Ergebnisse fest.

Studentinnen von Theresia Licka bei den Tests im Winter.
Diese zeigen: Ein „typischerweise mit Hitzestress einhergehendes vermindertes Allgemeinverhalten konnte nie beobachtet werden“, heißt es im Kurzbericht der Studie. Die Pferde hätten bei steigenden Temperaturen zumeist eine erhöhte Atemfrequenz gezeigt, während der Puls deutlich weniger oder gar nicht anstieg.
Dies sei ein Anzeichen für eine „effektive physiologische Kühlung des Körpers“ und somit wichtig für eine gute Anpassung an die Hitze. Auch bei der Auswertung von Kotproben habe sich gezeigt, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen der Produktion von Stresshormonen nach einem Tag in der Stadt oder im Stall gebe.
Wohlbefinden im Fokus
„Wir hatten kein Pferd, das physiologische Probleme hatte. Alle haben mit einer adäquaten Thermoregulation auf die Hitze reagiert. Für diese Pferde reicht ein Hitzefahrverbot ab 35 Grad“, sagt Pferdesportmedizinerin Licka. Das bedeute aber nicht, dass alles so bleiben soll, wie es ist. „Das Wohlbefinden ist immer zu erhöhen“, sagt sie.
Die Detailergebnisse werden in den kommenden Monaten veröffentlicht. Dann wird auch feststehen, welche Pferde – ja nach Rasse, Gewicht, Farbe und Alter – die Hitze am besten verarbeiten.
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