Fernkälte soll umweltfreundlicheres Kühlen in Zeiten des Klimawandels ermöglichen

Bau des Einlaufbauwerks am Donaukanal.
Noch werden vorwiegend Büros, Unis oder Museen auf diesem Weg gekühlt, denn die Nachrüstung für Privatwohnungen ist aufwendig.

Ein Fleischhauer, ein einst prominenter Schattenspieler und Alchimist, später ein Postamt: Vieles war hier, in der Postgasse 8 in der Innenstadt, in den vergangenen Jahrhunderten bereits untergebracht. Aktuell wird das historische Gebäude saniert, Büros und Wohnungen entstehen. Überraschend ist aber, was sich unter der Oberfläche findet: Denn hier, direkt hinter dem Ring, liegt die Fernkältezentrale Stubenring – eine von acht Fernkältezentralen Wiens.

Fernkälte? Ja, auch die gibt es. Prominenter ist freilich die Fernwärme: 1964 wurde das Hochhaus am Matzleinsdorfer Platz als erster Wohnbau ans Fernwärmenetz angeschlossen, heute werden 440.000 Haushalte damit versorgt. Seit 15 Jahren arbeitet man aber auch am Ausbau des Fernkältenetzes: So soll umweltfreundliches Kühlen möglich werden.

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2021 ging die Fernkältezentrale Stubenring in Betrieb. Zwei Stockwerke wurden unter dem bestehenden Kellergeschoß noch in die Tiefe gegraben. Je weiter man hinabsteigt, desto futuristischer die Anmutung: Es gibt nagelneue Pumpen, Rohre, Kältemaschinen, es brummt und surrt.

Drei der acht Fernkältezentralen finden sich übrigens im Zentrum. „Denn 32 Prozent unserer Kundenverträge haben wir im ersten Bezirk“, erklärt Burkhard Hölzl, Fernkälte-Experte der Wien Energie. Und je kürzer der Transportweg, desto weniger Energie gehe verloren.

Fernkälte soll umweltfreundlicheres Kühlen in Zeiten des Klimawandels ermöglichen

Hölzl vor einer Kältemaschine in der Postgasse. 

Büros, Universitätsgebäude, Hotels oder Museen werden etwa schon mit Fernkälte gekühlt. Privatwohnungen sind noch in der Unterzahl: „Nachrüstungen im Wohnbau sind sehr aufwendig“, so Hölzl. Für Neubauwohnungen sei Fernkälte aber eine Option.

Kühlung mit Wasser

Das System etwas vereinfacht erklärt: Ein Rohr bringt rund fünf Grad kaltes Wasser zu den Kunden, dort wird ein Gebäude damit gekühlt, anschließend kommt das auf zwölf bis 14 Grad erwärmte Wasser in einem zweiten Rohr retour. Das Ganze ist ein geschlossener Kreislauf. Der Kunde kann die Räume mittels Flächenkühlung (etwa Fußbodenheizung bzw. -kühlung) oder über Umluft-Kühlgeräte kühlen.

Ebenfalls für die zentrale Lage spricht übrigens die Nähe zum Donaukanal: In einem Einlaufbauwerk wird Wasser aus dem Donaukanal entnommen. Damit wird das Wasser, das erwärmt von den Kunden retour kommt, wieder heruntergekühlt.

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„Vier Millionen Quadratmeter“ kühle man in Wien mittels Fernkälte, so Hölzl. Das seien rund 200 Gebäude. Sieben Millionen Quadratmeter sollen es bis 2030 sein. Potenzial habe das System jedenfalls: „Im Vergleich zu herkömmlichen Klimaanlagen spart man 70 Prozent Energie und 50 Prozent CO2“, erklärt Hölzl.

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