Dabei hält einer den Mann fest, ein anderer schlägt und tritt auf ihn ein. Der Dritte hat sogar ein Messer und sticht damit in Richtung des Fixierten. Ob er ihn erwischt, ist auf dem Video nur schwer erkennbar.
Rundherum stehen aufgebrachte Frauen, die wild gestikulieren und schreien. Schließlich kann sich der Mann losreißen, während die Angreifer die Flucht ergreifen.
Kurz darauf endet die Aufnahme. Eine Nachbarin und Augenzeugin, die anonym bleiben möchte, schildert jedoch die folgenden Minuten: "Ich bin gerade mit dem Auto heimgekommen und seh', wie sie auf den Burschen losgehen. Sie waren mit einem massiven Drehmomentschlüssel und einem Messer bewaffnet. Ich hab' begonnen zu hupen, damit sie von ihm ablassen. Dann habe ich die Polizei gerufen."
Offenbar nicht gemeldet
Diese war rasch vor Ort, ebenso ein Großaufgebot der Berufsrettung. Die Situation gestaltete sich zunächst unübersichtlich. "Als ich den Notruf gewählt hab, sind Verwandte der Verletzten zu mir gekommen und meinten, sie bräuchten keine Polizei, alles sei in Ordnung", erzählt die Nachbarin, die mit den mutmaßlichen Opfern in dem heruntergekommenen Zinshaus in unmittelbarer Nähe der Triesterstraße wohnt. Sie vermutet, dass viele Bewohner die Behörden meiden, weil sie nicht gemeldet sind.
Der Zusammengeschlagene soll kurz vor Eintreffen der Polizei in eine Wohnung getragen worden sein. Dementsprechend hatten die Polizisten anfangs Probleme, sich einen Überblick zu verschaffen. Denn in dem Haus, das laut Anrainern größtenteils von Roma-Familien bewohnt wird, sprachen wenige Deutsch. Ein Zeuge fragte einen Polizisten, warum man den Verletzten nicht aus der Wohnung hole.
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Knapp antwortete dieser: "Das ist nicht so einfach, wenn dort 20 Leute in einer Wohnung wohnen. Dass es sowas überhaupt gibt." Ein KURIER-Lokalaugenschein in dem Haus bestätigte das wenig später: Vernagelte Türen, ein verdreckter Hof und zahlreiche verunsicherte Menschen im Stiegenhaus und in den Wohnungen. Einige wenige Nachbarn schilderten dennoch die Situation: "Nur Streit, nichts Besonderes, alles wie immer", sagte eine Frau, die laut eigener Aussage die Wohnung mit dem Opfer teilt.
Vor dem Haus hingegen war die Situation eine andere. Aufgebrachte Männer versuchten, sich mit den zahlreichen Polizisten zu verständigen. Diese waren unterdessen damit beschäftigt, das auf der Straße zurückgelassene Küchenmesser sowie den eisernen Drehmomentschlüssel sicherzustellen. Währenddessen ein Ermittler zum anderen: "Wir haben noch kein Opfer."
Video führte wohl zu Verletzten
Entscheidend für das Finden des zusammengeschlagenen Manns dürfte schließlich das dem KURIER vorliegende Video eines Anrainers gewesen sein. Clemens Wibmer, der aus seiner Wohnung gefilmt hat, erzählte, dass solche Auseinandersetzungen in der Gegend tatsächlich nichts Besonderes sind: "Es ist keine gute Gegend, extrem viel Rotlicht, immer wieder Schlägereien."
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Nach knapp einer Stunde beendeten Polizei und Rettung den Einsatz. Die Opfer wurden ausgeforscht, gaben aber laut Polizei an, nicht verletzt worden zu sein. Nachbarn mutmaßen, sie hätten Angst vor den Angreifern. Vor Ort wirkt es so, als würden die Familien den Kontakt zur Polizei prinzipiell meiden.
Bei der Rettung spricht man mittlerweile von einem Fehleinsatz. "Es gab keine Wahrnehmung, dass jemand Hilfe braucht", so ein Sprecher. Nachsatz: "In Österreich muss sich niemand behandeln lassen, der das nicht will."
Die Pressestelle der Wiener Polizei schildert den Einsatz ähnlich: "Uns wurde ein Raufhandel gemeldet und dass jemand blutend am Boden liege. Am Einsatzort hat sich die Lage anders dargestellt." Lediglich von einer Rissquetschwunde bei einem Mann ist die Rede.
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Aufgrund des Videos wird nun aber trotzdem ermittelt. Und zwar wegen schwerer Körperverletzung. Dass dabei etwas rauskommt, scheint unwahrscheinlich. Dazu müssten die Opfer wohl ihr Schweigen brechen.
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