Seit 2013 hat sich Gregor Raidl, Sohn des Unternehmers Claus Raidl, für die Neos engagiert. Nun wechselte er zur ÖVP, für die er auf Platz fünf der Bezirksliste für die Innere Stadt kandidiert.
KURIER: Herr Bezirksrat, Ihr Vater gilt als sehr ÖVP-nahe. Wie sehr hat er sich über Ihren Wechsel gefreut?
Gregor Raidl: Er hat sich sicher gefreut. Vor allem darüber, dass ich mich weiter politisch engagiere. Er hat schon seinerzeit meinen Einstieg in die Politik befürwortet. Dass ich jetzt zur ÖVP wechsle, freut ihn natürlich ganz besonders.
Ob Karl-Heinz Grasser, Ursula Stenzel oder Robert Lugar – Politikern die zu einer anderen Partei überlaufen, ist selten eine glänzende Karriere beschieden. Warum sollte es Ihnen anders ergehen?
Ich sehe mein politisches Engagement nicht als Karriere, sondern als Einsatz für den 1. Bezirk. Ich möchte Bezirksvorsteher Markus Figl unterstützen, weil ich seine Arbeit sehr schätze. Ich habe einen Beruf, meine politische Arbeit verstehe ich fast schon als ein Ehrenamt.
Warum war die politische Arbeit mit den Neos nicht mehr möglich?
Ich hätte weiter bei den Neos bleiben können. Aber ich muss den Wählern gegenüber, die ich auf der Straße treffe, etwas vertreten können, woran ich glaube. Bei den Neos hat das nicht mehr gepasst. Weder beim Inhalt, noch beim politischen Ansatz.
Was meinen Sie damit?
Ich habe das Gefühl, dass oft rein um der Kritik willen Dinge kritisiert werden. Inhaltlich bin ich wiederum nicht mit der Migrationspolitik der Neos einverstanden. Auch bei der EU-Förderpolitik zur Bekämpfung der Pandemie schlagen die Neos lieber den Kurs der SPÖ ein, anstatt mit der ÖVP oder der FDP zu gehen. Die Neos sind nicht mehr die bürgerlich-liberale Bewegung, die sie ursprünglich waren.
Warum haben Sie Ihre Polit-Laufbahn nicht gleich bei der ÖVP begonnen?
Als ich 2013 begonnen habe, die Neos zu unterstützen, war die ÖVP noch eine ganz andere Partei. Das hat sich erst geändert, als Sebastian Kurz im Jahr 2017 Parteichef wurde.
Zuletzt sorgten die wortkargen Auftritte von Kurz und Gernot Blümel vor dem Ibiza-U-Ausschuss für Empörung. Wie geht es Ihnen als Bürgerlich-Liberaler damit?
Auch der U-Ausschuss wird nur als Bühne für politisches Hickhack benutzt. Das gilt auch für die Neos, wenn man etwa an die etwas ausfälligen Äußerungen der Fraktionsführerin denkt. Das ist nicht der Stil aus der Anfangszeit der Neos. Damals war der Anspruch, konstruktiv zu sein und nicht alle anzupatzen.
Zuletzt haben Sie sich gemeinsam mit Figl und den Grünen für die Verkehrsberuhigung der City starkgemacht. Wird das auch Ihr künftiger Themenschwerpunkt sein?
Ja, das Thema wird uns auch über die Wahl hinaus beschäftigen. Es geht aber auch um die Citybusse, die nach einer Verkehrsberuhigung aufgewertet werden sollen und um intelligente Logistik-Konzepte zur Reduktion des Lkw-Verkehrs.
Wie vertragen Sie sich mit jenem Teil der Wiener ÖVP, der fast bei jedem Projekt zur Verkehrsberuhigung auf die Barrikaden steigt?
Auch hier gab es zuletzt differenzierte Aussagen. Ich muss mich jedenfalls für den Bezirk einsetzen und dessen Bewohner vertreten. Und sie wünschen sich eine Einfahrtsbeschränkung, wie alle Erhebungen zeigen.
Sind Sie für eine Sonntagsöffnung im 1. Bezirk?
Einerseits sollen Unternehmer aufsperren dürfen, wann sie wollen. Die Frage ist, was es bedeutet, wenn das nur für die Innenstadt gilt. Es wäre vielleicht sinnvoller, dieses Instrument auch für andere Einkaufsstraßen zu nutzen, damit sich die Konsumentenströme nicht gänzlich auf die Innenstadt konzentrieren. Diese Sogwirkung wäre nicht gut für die Innere Stadt.
Beruf
1978 in Wien geboren, studierte Gregor Raidl Controlling und Projektmanagement an der WU Wien. Aktuell arbeitet er für ein großes Energieunternehmen
Politik
Ab 2013 engagierte sich Raidl für die Neos, ab 2015 als Bezirksrat in der Inneren Stadt
Privates
Raidl ist verheiratet und hat drei Kinder
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