Unter den Arkaden in der Wiener Staatsoper befindet sich seit drei Jahrzehnten der Opernshop Arcadia. Nach Weihnachten wird der Musikladen nicht mehr öffnen.
Vor dem rechten Seiteneingang der Wiener Staatsoper tut sich etwas – obwohl die Oper bekanntlich zu hat. Aber dort, gegenüber des Hotel Sacher am Herbert-von-Karajan-Platz, stehen die Menschen.
Und zwar vor dem Arcadia-Shop. Sie gehen ein und aus, stöbern Platten – von Luciano Pavarotti (3 Euro) oder José Carrera (3 Euro). Sie bewundern Bücher über Opernstars, Operngeschichte, Balletttänzer oder Dirigenten in der Auslage.
„Minus 50 Prozent“ steht auf den Scheiben. Denn der beliebte Opernshop muss zusperren. Und zwar schon nach Weihnachten. Morgen, Donnerstag, ist zum letzten Mal geöffnet – bis Mittag.
Grund dafür ist nicht nur, dass es immer schwieriger für den Buchhandel wird, in Zeiten von Online-Shopping zu überleben, sondern auch der Umbau, den der neue Operndirektor Bogdan Roščić dort durchführen will. Denn dort, wo jetzt das Arcadia ist, soll bald das neue Besucherzentrum der Oper realisiert werden.
Schon jetzt sind dort – konkret seit Anfang Dezember – die Bundestheaterkassen mit dem gemeinsamen Kartenverkauf der Staatsoper, der Volksoper und des Burgtheaters eingezogen. Das neue Besucherzentrum, das von BMW-Architekten realisiert wird, soll eine „Begegnungszone der Oper“ werden. Mit neuem Café und Shop.
Schon das Café Oper musste – wie berichtet – im Sommer unter großem Protest dem neuen Opernfoyer weichen. Jetzt soll auch der Opernshop Arcadia folgen.
Ein Opernsänger, der anonym bleiben will, stapelt Dienstagmittag Bücher in seinen verschränkten Armen: „Ich habe hier immer Noten, CDs und DVDs gekauft“, erzählt er.
„Auch wenn eine Veränderung gut ist, müssen wir sehen, welche Veränderung da kommt.“ Dass hier künftig noch Sissi als Weihnachtsschmuck-Puppe (14,90 Euro), Servietten mit den Noten von „Le Nozze di Figaro“ (6,90 Euro) und Silberschmuck in Form von Notenschlüssel (ab 40 Euro) verkauft werden, ist eher nicht anzunehmen.

Die Mitarbeiter des Hauses kannten alle Opernstars persönlich.
Zeitreise
Vor 31 Jahren öffnete Verleger und Antiquar Erhard Löcker heute 74, damals 43 Jahre, das Arcadia: „Damals war der Raum noch eine Galerie für befreundete Künstler der Oper“, erzählt er.
Er nahm an einer Ausschreibung für den Buchladen teil, die damaligen Chefs der Bundestheater – Rudolf Scholten und Georg Springer – entschieden sich für sein Konzept. „Es war kein normaler Buchladen, es sollte Touristen und Passanten interessieren und musste natürlich auch denkmalschutzkonform sein.“ An seiner Seite war Architekt Hermann Czech, der auch das „Kleine Café“ gestaltete.
„Mein Lieblingsdetail im Arcadia ist der Eingang, da steht links AR und rechts IA“ – also Luft. Eines der fast geheimnisvollen Details, die Architekt Czech dort verewigt hat. Löcker investierte damals mehr als zwei Millionen Schilling in den Umbau.
„Der Erfolg, den wir hatten, rechtfertigte diese Investition“, sagt er. Schließlich mussten die Besucher der Opernführungen stets den „Exit through the gift shop“ (den Ausgang durch das Geschäft, Anm.) nehmen.

"Sie war bei ihren Besuchen unkompliziert und authentisch", erklärt der Inhaber von Arcadia.
Klagen und Starallüren
In all den Jahren erlebte Löcker viel, nicht nur zahlreiche Einbrüche. Einmal verklagte ihn gar eine Amerikanerin um Millionen, weil sie sich in seinem Shop den Fuß gebrochen hatte. Der Sohn von Ex-Direktor Dominique Meyer hat bei ihm seinen Dienst verrichtet, die Opernstars kauften nicht nur ein, sondern signierten dort auch Autogramme.
Unkompliziert und herzlich sei Anna Netrebko gewesen, schwierig Jessye Norman. „Sie wollte nur Evian Mineralwasser mit einer bestimmten Temperatur“, erinnert sich Löcker.
Seine Mitarbeiter kannten die Stars noch besser: „Ich habe quasi die Karrieren von Stars wie Elīna Garanča miterlebt“ sagt Brigitte Tautscher, die 28 Jahre als Opernexpertin im Geschäft arbeitete. Sie ist eine von 14 Mitarbeitern, die nun ihren Job verlieren.
Löckers Kinder wollen den Laden nicht übernehmen, die Online-Konkurrenz sei zu groß, Corona nicht hilfreich. Das Angebot der Bundestheater kam da gerade recht.
Die zahlreichen Bilder an den Wänden des Shops werden im Frühjahr für einen guten Zweck versteigert.
Die Charity-Initiative „Hilfstöne“ von Opsernsänger Clemens Unterreiner (Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper) wird die Versteigerung durchführen.
Infos: hilfstoene.at

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