Ehefrau in Wien stranguliert: Sechs Jahre Haft
Die Mordanklage stand auf wackeligen Beinen – und die Geschworenen brachten sie zu Fall. Neyat Y. hat seine Ehefrau im Streit wegen einer bevorstehenden Scheidung am 7. Oktober des Vorjahres mit dem Gurt einer Tasche erdrosselt. Das stritt er auch gar nicht ab, sagte aber auch: „Ich bin kein Mörder.“
"Vier Minuten" lang Gurt zugezogen
Ausführlich zur Sprache kam nicht nur die Tat, sondern auch die dazugehörige Vorgeschichte: Auf acht von 13 Seiten ihrer Anklageschrift beschrieb selbst die Staatsanwältin, wie der Kellner von seiner Frau finanziell ausgenutzt, mit anderen Männern betrogen und am Tag der Tat extrem provoziert wurde. Seine Frau war „charakterlich nicht in Ordnung“, sagte die Anklägerin. Vom Mordvorwurf ließ sie allerdings nicht ab: „Vier Minuten“ habe der Angeklagte den Gurt zugezogen. Das sei „eine sehr lange Zeit“.
„Ausnahmesituation“
Die Geschworenen folgten aber Y.s Anwalt Timo Gerersdorfer, der von Beginn an auf Totschlag plädiert hatte. Er rekonstruierte in seinem Plädoyer nochmals, in welcher „Ausnahmesituation“ sich der Angeklagte befunden hatte. „Mein Mandant wollte, dass sie ein Mal und nicht für immer ruhig ist.“ Alles deute darauf hin, dass er sich in einer für einen Totschlag vorausgesetzten „allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung“ befunden hatte.
Die Geschworenen verwarfen mit 7:1 Stimme die Mordanklage, stimmten mit 6:2 für Totschlag. Bei einer Strafdrohung von fünf bis zehn Jahren fiel das Urteil mit sechs Jahren Haft mild aus – nicht rechtskräftig.
"Ich hab' das nicht gewollt", hat ein 35-jähriger Mann am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht versichert, wo er sich wegen Mordes an seiner Ehefrau zu verantworten hatte. Er habe diese "ruhig stellen" und ihr "a bissl wehtun" wollen. Die 35-Jährige habe ihn sehr schlecht behandelt und am Ende angedeutet, dass seine Töchter - acht, fünf und vier Jahre alt - möglicherweise gar nicht von ihm seien.
Das Paar hatte sich 2006 kennengelernt und bald darauf geheiratet. Da die Frau - eine gebürtige Slowakin - unter ihren Arbeitsbedingungen in einer Wiener Anwaltskanzlei litt, schlug ihr der Ehemann vor, ihren Job aufzugeben und zu Hause zu bleiben. Er werde stattdessen mehr arbeiten. Die Ehe verlief trotzdem "nicht friktionsfrei", wie nun Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella einem Schwurgericht (Vorsitz: Nina Steindl) berichtete. Die Frau habe außereheliche Beziehungen unterhalten, unter anderem mit einem Mann, der in dem Haus in der Slowakei, dessen Ankauf der gehörnte Ehemann finanziert hatte, Malerarbeiten durchführte.
Dem in einem Lokal in Döbling als Kellner beschäftigten Ehemann musste aufgrund der Umstände schon länger klar sein, dass seine Frau fremdging. Sie verweigerte sich ihm, was intime Kontakte betraf. Schließlich zog sie mit den drei Töchtern in die Slowakei und wollte die Scheidung. Die Kinder dürften der Frau als "Druckmittel" gedient haben, um von ihrem Noch-Mann weitere finanzielle Zuwendungen zu bekommen. Der 35-Jährige kaufte ihr beispielsweise eine neue Waschmaschine - die alte, noch funktionstüchtige hatte sie ihrer Mutter überlassen - , und als er seine Frau eines Tages in der Slowakei besuchte, musste er feststellen, dass sich in der Wäschetrommel fremde Männerunterhosen befanden. "Es hat auch Bettzeug mit Spermaspuren gegeben", verriet der Angeklagte den Geschworenen.
Obwohl die Frau offenkundig nichts mehr von ihm wissen wollte, sperrte sich der Mann gegen die endgültige Trennung. Er versuchte sie vielmehr an sich zu binden, indem er ihr - wie sich im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zeigte - monatlich bis zu 3.000 Euro in die Slowakei überwies. Das war ihm nur möglich, indem er an seinem Arbeitsplatz doppelte Schichten übernahm. Arbeitskollegen fiel der schlechte Allgemeinzustand des 35-Jährigen auf, der im Frühjahr 2015 - so seine Angaben - aufgrund der seelischen Belastung 22 Kilogramm an Gewicht verlor.
Am 6. Oktober 2015 kam die 35-Jährige nach Wien, um am darauf folgenden Tag einen Mediationstermin bei ihrem Scheidungsanwalt wahrzunehmen. Sie forderte den Mann auf, mitzukommen, der einvernehmlichen Scheidung zuzustimmen und die entsprechenden Papiere zu unterschreiben, sonst werde er - wie der Angeklagte im Landesgericht zu Protokoll gab - "alles verlieren" und die Kinder "nie wiedersehen".
Am 7. Oktober holte die Frau gegen 9.30 Uhr ihren Noch-Mann in dessen Wohnung in der Oberen Augartenstraße in der Leopoldstadt ab. Er servierte ihr ein Frühstück, ehe er erklärte, dass er der Scheidung nur zustimmen werde, wenn sein Sorgerecht für die Kinder gesichert sei und sie das Haus in der Slowakei den Töchtern überschreibe. Darauf hin sei es "eskaliert", so der Angeklagte. Die Frau, der er sogar eine Brust-OP bezahlt hätte, habe ihn "Esel" genannt und gemeint, er sei "schlecht im Bett". Sie habe ihn "massiv provoziert" und unter anderem erklärt, es werde bald einen neuen Freund geben, der von seinen Unterhaltszahlungen leben werde: "Sie hat mich sekkiert. Sie hat mich heiß gemacht." Als sie auch noch seine Vaterschaft in Frage stellte, ihm einen Tritt versetzte und in den Finger biss, "war ich wirklich außer Kontrolle."
Der 35-Jährige ging in den Vorraum, löste den Tragegurt von einer Umhängetasche, schlang diesen über Kreuz um den Hals der Frau und zog zu, bis diese zu Boden stürzte. "Ich war wirklich wütend auf sie", stellte der Angeklagte fest. Seine Absicht sei es gewesen, "dass sie Schmerzen spürt". Ihr sollte bewusst werden, dass er "kein Weichei" sei: "Ich bin ein Mann. Ich hab' verdammt auch Kraft."
Eigenen Angaben zufolge ließ er erst von der 35-Jährigen ab, als sich ihr Gesicht blau verfärbte. Auf den Gedanken, dass sie sterben könne, sei er nicht gekommen, behauptete der Angeklagte auf eine entsprechende Frage der Vorsitzenden: "Das habe ich nicht gedacht." Als die Frau kein Lebenszeichen mehr von sich gab, habe er sie mit Wasser bespritzt bzw. ihr Wasser einzuflößen versucht. Dann verständigte er die Rettung. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte soll er noch Wiederbelebungsversuche unternommen haben, die dann die professionellen Helfer übernahmen. Für die Frau kam jede Hilfe zu spät.
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