Was ist derzeit das größte Problem auf Wiens Straßen?
Das größte Problem ist immer das, das den Bürger am meisten betrifft. Ich glaube, dass Eigentumsdelikte den Bürger eher beschäftigen als Drogendelikte. Da glauben viele, es kann sie nicht treffen, was ein Irrtum ist, denn das kann jede Familie betreffen.
Gibt es besondere Drogen-Hotspots in Wien?
Ich würde es eher Problemzonen nennen. Die wechseln und es gibt nur wenige Orte, wo sich das Problem manifestiert und jahrzehntelang existiert. Das war zum Beispiel der Karlsplatz und es konnte jahrzehntelang nicht gelöst werden. Dann haben wir gemeinsam mit der Stadt Wien beschlossen, das Problem anzugehen. Die Polizei war dort extrem präsent, die Dealer wurden eingesperrt und die Süchtigen in soziale Einrichtungen gebracht, wie zum Beispiel das Suchthilfezentrum Jedmayer in der Gumpendorfer Straße. Das hat auch gut funktioniert. Da bekommt man dann aber leicht ein Déjà-vu. Schon Mitte der 1990er-Jahre hat es dort ein großes Problem gegeben. Damals waren es hauptsächlich nordafrikanische Täter, die Heroin gedealt haben, heute sind es Unbelehrbare, die Substitutionsmedikamente verkaufen.
Wo sind diese Problemzonen in Wien konkret?
Das ist auch witterungsabhängig. Im Sommer hält sich die Szene vermehrt über der Donau auf, also auch auf der Donauinsel. Wenn das Wetter aber schlecht ist, verlagert sich das Ganze in Shoppingzentren. Für uns ist es daher wichtig, dass wir immer am Puls der Zeit bleiben. Es gibt zum Beispiel Probleme an S-Bahn-Strecken. Handelskai, Rennweg, Belvedere, Landstraße - in diesen Abschnitten ist viel los. Genauso wie bei der Josefstädter Straße. Da kommen zwei Dinge zusammen, die Alkoholkranken und auch Suchtgiftkranken. Natürlich wollen die Dealer dort nicht gesehen werden, aber sie dealen dann eben im Umfeld, zum Beispiel in der Ottakringer Straße.
Wie hat sich die Szene in den letzten Jahren verändert?
Sehr stark. Vor einigen Jahren hatten wir ganz massive Probleme mit afrikanischen Dealern. Die gibt es derzeit nur noch in machen Bereichen. Heute haben wir fast nur noch Tätergruppen aus Ex-Jugoslawien, vor allem aus Serbien. Sie fallen im Straßenbild überhaupt nicht auf, sind schön gekleidet und haben nicht das klassische Täterverhalten. Meistens kommen sie extra zum Dealen nach Wien, bekommen hier dann Listen mit Konsumenten. Das sind nicht immer hochkriminelle Leute, sondern zum Beispiel auch Gymnasiasten. Die checken ein paar Monate hier und leben den Rest des Jahres davon. Das Heroin, das sie verkaufen, ist hochqualitativ, und jeder Einzelne verkauft sehr viel davon.
Ist also Heroin das größte Problem in Wien?
Heroin hat einfach das größte Suchtpotenzial. Wenn Jugendliche in die Abhängigkeit rutschen, reißen sie oft die ganze Familie mit. Die Menschen zu behandeln, ist schwierig. Es gibt zwar viele Therapieplätze, aber die kosten auch viel Geld. In der Sozialarbeit und bei der Polizei müsste eigentlich permanent Personal aufgestockt werden. Aber wir können Planstellen ja nicht klonen.
Wie sind die Dealer organisiert?
Die Serben sind hochkriminelle, super organisierte Banden. Die Hintermänner sitzen da nicht in Wien, hier sind nur die Straßendealer. Um das Ausland kümmert sich das Bundeskriminalamt. Wir müssen eben versuchen, die Straßen rein zu halten, denn man darf nicht vergessen, so ein Straßendealer verkauft 50 bis 100 Gramm am Tag in sehr guter Qualität.
Thema CBD: Ist es in der täglichen Arbeit ein großes Problem, dass man CBD nicht von THC-haltigem Cannabis unterscheiden kann?
Natürlich. Wir können das nicht unterscheiden. Das sind dann einfach leere Kilometer, die wir rennen müssen. Es werden Ressourcen durch unnötige Arbeitsschritte gebunden. Früher gab es das auch, aber eher im Sinn von Falschware. Da wurden die Dealer dann wegen Betrug angezeigt.
Gibt es eigentlich auch eine gewissen Frustration als Beamter, wenn man dann doch die gleichen Süchtigen und Dealer immer wieder sieht?
Nein, ich weiß nicht warum aber man hört und liest immer wieder, dass der Kampf gegen die Dealer nichts bringt und man es deshalb gleich bleiben lässt. Aber das stimmt nicht, es bringt etwas. Am besten erkennt man das, wenn die EGS zum Beispiel Pausen machen muss, wie bei der EURO 2008. Die EGS hat eine ganz andere Aufgabenstellung gehabt und da hat man gesehen, wie sich die Suchtgiftszene plötzlich erholt hat. Man kann so sagen: Zwei Wochen EURO hat nachher vier Monate Aufarbeitung gebraucht, um das Problem wieder in den Griff zu bekommen. Genau in solchen Momenten kommt es dazu, dass sich Szenen manifestieren. Wir brauchen einfach alle Infos die wir bekommen können, um gleich mitzukriegen, wenn sich neue Zonen bilden. Da sind wir auf die Kollegen im Streifendienst angewiesen, genauso wie auf Informationen von Bürgern die eben zum Beispiel bemerken, dass jeden Tag jemand im Stiegenhaus steht, der dort nicht wohnt.
Was muss man für die EGS für Fähigkeiten mitbringen?
Motivation aber auch Talent. Man muss relativ schnell und flexibel denken können. Observationen sind sehr dynamisch. Und Observationen sind unser tägliches Geschäft. Vor jeder Festnahmen gibt es auch eine Observation. Das kann dann ein kurzer, schneller Drogendeal sein, oder es kann auch länger dauern. Vor Kurzem haben wir drei Nächte hintereinander wegen Einbruchs observiert. Da braucht man natürlich eine ordentliche Ausdauer, eine verständnisvoll Familie und gute Kleidung. Da hat es drei Tage geregnet, du liegst im Dreck. Das muss man mögen. Die Beamten häufen sehr viel Wissen und Expertisen an, das muss man fördern und da arbeiten die Kollegen dann auch relativ autark. Das ist so, weil jede Tätergruppe andere Vorgehensweisen hat. Manche kommen mit der Straßenbahn, manche kommen mit dem Auto oder mit dem Fahrrad. Das muss man wissen und deshalb ist es so wichtig, da ein Experte zu sein. Es ist wichtig zu wissen, auf was mach schauen muss. Die Erfahrung ist alles. Viele Täter haben eine gewisse Beharrungstendnenz, und wenn wir das wissen, dann liegen wir dort und schauen so lange, bis wir eine Tathandlung beobachten. Als EGS-Beamter, das ist wie beim guten Wein, je länger der bei uns bleibt, desto besser wird er. Es ist ein ständiges Hin und Her. Wir müssen einfach immer versuchen die Vorgehensweise zu verstehen. Da machen Täter auch teilweise Gegenobservationen, also beobachten uns.
Was ist das Schöne an dem Job bei der EGS?
Wir können auch den Schaden gleich wieder gut machen. Wenn am Monatsende ältere Menschen die ganze Pension abheben, was immer noch viele machen, dann wissen das die Täter. Darum überwachen wir immer Banken. Wenn dann etwas passiert, schreiten wir einfach schnell ein. Sollte der Taschendiebstahl schon passiert sein, können wir den Tätern schnell habhaft werden und die Opfer bekommen sofort ihr Eigentum zurück. Da bekommen wir viele Dankschreiben. Das ist das befriedigende. Da ist ein Sinn drinnen.
Gibt es eigentlich Frauen bei der EGS?
Es gibt insgesamt acht Frauen, sechs davon in den Gruppen. Es ist eher schwierig bei der EGS.
Und bei den Tätern?
Ja, also es sind gerade beim Eigentum immer wieder Frauen unterwegs. Daher ist es so wichtig, dass man nicht auf Klischees achtet. Das wäre absolut falsche. Beim Dealen sind es nur ganz selten Frauen. Die sind eher nur dabei und verwahren das Geld oder sind der Bunker also haben die Drogen bei sich.
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