Stellen die Kinder solche Fragen prinzipiell öfter?
Ab und zu, ja. Und wenn mich ein Kind fragt, warum ich ein Kleid anhabe, dann antworte ich, dass es mir einfach gefällt. Und wenn sie fragen, ob ich ein Bub bin, dann sage ich ja. Im Endeffekt ist es nämlich nach wie vor so, dass biologisch gesehene Frauen von Hosen bis Anzüge alles anziehen dürfen. Männer in Kleider oder Röcken aber werden automatisch als schwul oder als Frau abgestempelt. Mein Ziel ist es, zu zeigen, dass wir anziehen dürfen was wir wollen und weder Kleidung noch Farben ein Geschlecht oder eine sexuelle Orientierung vorgeben sollten.
Laut der FPÖ tragen die Lesungen zur „Frühsexualisierung der Kinder“ bei.
Das, was ich mache, ist keine Sexualisierung. Die Bücher handeln nicht von Sex und ich bespreche mein Geschlecht nicht. Die Kinder sehen nur eine bunte Person, die ein Buch liest. Zum Thema Sexualisierung generell: Sexualisierung beginnt für mich in der Werbung. Etwa wenn Kinder Personen, unter anderem Frauen im Bikini sehen und das als Schönheitsideal dargestellt wird.
Sie arbeiten jetzt auch mit Taxi 40100 zusammen. Wie kommt’s?
Ich habe in meinem Leben immer wieder negative Situationen mit Taxis erlebt. Vor einigen Jahren wurde ich mit meinem Ex-Freund rausgeschmissen, weil wir Händchen hielten. Andere Male wollten mich die, immer männlichen, Taxifahrer nicht mitnehmen. Und das, obwohl sie am Taxistandplatz standen. Ich habe das dann öffentlich gemacht und Taxi 40100 hat mich zu einem Gespräch eingeladen. Dabei kam heraus, dass sie mich in der Taxischule miteinbeziehen wollen. In der Taxischule möchte ich unter anderem auf die persönliche Ebene eingehen und zeigen, wie es sich anfühlt, wenn man aufgrund seines Äußeren schlechter behandelt wird.
Wien gibt sich, vor allem bei Touristen, als LGBTQI-freundliche Stadt. Ist sie das wirklich?
Sie ist im Mittelmaß. Amsterdam oder Madrid haben weniger Probleme und sind nicht so konservativ. In Wien ist noch Luft nach oben. Das, was Wien macht, ist gut. Schöner wäre es, wenn noch mehr passiert und wenn das auch auf Österreich zutrifft.
Haben Sie Angst, in Wien alleine heimzugehen?
Kommt darauf an, wo. Aber ja, ein bisschen eine Grundangst ist da, weil ich schon Diskriminierung und Gewalt erlebt habe. Ein Freund etwa ist erst im Juni mit einer vollen Getränkedose beworfen worden. Man weiß eben nicht, wie die Leute reagieren. Und diese Angst ist eigentlich total schade, weil sie angelernt ist.
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Gibt es etwas, das man sich nicht von Ihnen erwarten würde?
Ich habe eine Lehre zum Großhandelskaufmann gemacht. Und heuer hatte ich das Privileg, meine Berufsschullehrpersonen im Thema Diversität weiterbilden. Das war ein schöner Abschluss. Denn während der Berufsschule habe ich mich selbst noch nicht akzeptiert. Das hat sich erst in den vergangenen zwei Jahren gefestigt. Davor hatte ich lange Depressionen und habe Hilfe in Anspruch genommen. So eine Phase muss per se aber nichts Schlechtes sein. Es kann ein Anreiz sein, um sein Leben so zu gestalten, dass man in der Früh glücklich aufsteht und am Abend glücklich ins Bett geht.