Dokumentationsstelle: IGGÖ befürchtet Überwachung der Muslime

IGGÖ-Präsident Ümit Vural fordert Sicherheitskonzepte für Moscheen.
Islamische Glaubensgemeinschaft ortet rein politische Zielsetzung durch die Dokustelle. Eine Zusammenarbeit sei unzumutbar.

Für die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) ist eine Zusammenarbeit mit der neuen Dokumentationsstelle Politischer Islam "unzumutbar". Man befürchte eine Überwachung der muslimischen Bevölkerung, sagt IGGÖ-Präsident Ümit Vural. Bei der Umsetzung sei man vom Integrationsministerium als zuständige Religionsgesellschaft links liegen gelassen worden.

Seit der Angelobung der neuen Bundesregierung im Jänner 2020 habe die IGGÖ mehrfach ihre Kooperationsbereitschaft bei der Bekämpfung jeglicher Form des Extremismus zugesichert, heißt es in einer Aussendung. Zudem sei die Expertise bei der Auseinandersetzung mit Phänomenen, die einen islamisch-religiösen Hintergrund aufweisen, angeboten worden. Die politisch Verantwortlichen hätten das Angebot aber "konsequent ignoriert". "Umso verwunderlicher" sei unter diesen Umständen die Behauptung aus dem Bundesministerium, es hätte im Vorfeld Gespräche mit der IGGÖ bezüglich der Etablierung der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ gegeben.

Internationale ExpertInnen unterschiedlicher Disziplinen seien im vergangenen Jahr bei der von der IGGÖ initiierten Fachtagung zum Thema „Politischer Islam - Versuch einer Definition“ zu dem Schluss gekommen, dass es "keine anerkannte wissenschaftliche Definition des Begriffs" gebe. Von einer Verwendung desselbigen hätten sie daher nachdrücklich abgeraten. Die entsprechende Publikation mit Beiträgen unter anderem von Universitätsprofessoren wie John L. Esposito, Susanne Heine, Richard Potz, Oliver Hidalgo, Rüdiger Lohlker oder Sabine Schiffer könne jederzeit von der IGGÖ bezogen werden.

Dass trotz mehrfacher Kritik an dem unbrauchbaren Begriff des „politischen Islams“ nun bei der Betitelung der geplanten Dokumentationsstelle auf genau diesen zurückgegriffen wird, zeuge von einer rein politischen Zielsetzung.

"Muslimische Vereine durchleuchten"

Bei einer Pressekonferenz vergangene Woche erklärte Integrationsministerin Susanne Raab, die Dokumentationsstelle richte sich gegen Netzwerke, Ideologien und ausländische Einflüsse, die oft „unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit die gelungene Integrationsarbeit gefährden“. Überdies sollen muslimische Vereine und Strukturen durchleuchtet werden.

IGGÖ-Präsident Vural kritisiert diesbezüglich: „Der österreichische Rechtstaat ist mit ausreichenden Werkzeugen ausgestattet, um diese Herausforderungen zu stemmen. Der Verdacht liegt nahe, dass hier eine Art Überwachungsapparat für die muslimische Bevölkerung installiert wird. Wichtig ist es darauf zu achten, dass die Dokumentationsstelle nicht Bemühungen anderer Institutionen konterkariert.“

Der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats (ECRI) zeigte sich in seinem kürzlich veröffentlichten Bericht besorgt über den zunehmend fremden- und islamfeindlichen öffentlichen Diskurs in Österreich und übte scharfe Kritik an der Bundesregierung. „Dass gerade jene Teile des Regierungsprogramms, die sich mit der Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung beschäftigen, nun in der Umsetzung der ursprünglich als “Dokumentationsstelle für Antisemitismus, den religiös motivierten politischen Extremismus und Rassismus im 21. Jahrhundert„ geplanten Stelle ausgespart bleiben, torpediert die Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben und befeuert gerade jene radikalen Gegenbewegungen, die es zu bekämpfen gilt“, so Vural.

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