Lebensgefahr in überfluteten Unterführungen: Behörden bleiben untätig

Auto im Tunnel, Gischt spritzt weg.
Bei Starkregen werden die Straßenzüge unter den U4-Gleisen in Heiligenstadt seit Jahren geflutet. Die Stadt Wien sieht aber keinen Anlass für Änderungen.

Vergangenen August war es wirklich haarscharf – dass nämlich jemand in einer Unterführung gefangen ist und in den Wassermassen umkommt.

Die Rede ist aber nicht von „traditionellen“ Hochwassergebieten an der Donau oder größeren Flüssen und Bächen, sondern von zwei Bahnunterführungen mitten in Wien.

Als der Himmel an jenem Samstag die Schleusen öffnete, wurden die Döblinger Gunoldstraße und Mooslackengasse unter den S-Bahn- und U4-Gleisen binnen Minuten meterhoch geflutet. Die Feuerwehr musste die festsitzenden Autoinsassen mit Schlauchbooten retten.

Mit mehr als 110 Litern pro Quadratmeter mag dies ein außergewöhnliches Regenereignis gewesen sein – allerdings sind die beiden Unterführungen schon bei weit weniger Niederschlag „abgesoffen“. Ein Blick ins Archiv zeigt, dass es bereits 1994 im KURIER einen Bericht über die geflutete Gunoldstraße gab; und seither taucht das Problem dort alle paar Jahre auf – selbst bei „nur“ 40 Litern mussten sich Autos und der Linienbus 11A schon durch das stehende Wasser kämpfen. Und als vergangenen Samstag das erste große Unwetter mit Starkregen über Wien zog, musste man dort schon mit dem nächsten Einsatz rechnen. Der dann aber ausblieb.

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Der andere ist zuständig

Doch wie kann es sein, dass die Bundeshauptstadt zwar ein tausendjährliches Hochwasser wie vergangenen September mit bloß einigen Schrammen übersteht, aber es nicht schafft, eine seit Jahrzehnten bestehende potenzielle Todesfalle im Straßennetz endlich zu entschärfen? Obwohl rundherum in Bereich der Muthgasse ein völlig neuer Stadtteil aus dem Boden gestampft wurde und dabei die Infrastruktur verbessert wurde? Bezeichnend ist, dass sich die beiden zuständigen Stellen – Wien-Kanal und Straßenbau (MA 28) – gegenseitig die Verantwortung zuschieben.

Laut einem Sprecher von Wien-Kanal liege die Ursache des Dauer-Problems an den „Geländegegebenheiten“ und den „Tiefpunkten“ der beiden Unterführungen: „In Steillagen wie in Döbling schießt das Regenwasser auf den Straßen über die Einlaufgitter drüber. Es gelangt oft gar nicht in die Straßenentwässerung.“ Das Kanalnetz sei dort in „einwandfreiem Zustand“, aber an sich „nicht für die Abfuhr eines Hochwassers konzipiert“: „Es kann auch eine gewisse Menge an Regen aufnehmen, aber keinen Platzregen.“

Daher verweist Wien-Kanal explizit auf den Straßenerhalter, die MA 28. Doch dort spielt man den Ball wieder retour: „Die Entwässerung ist wie in jeder Stadt auf bestimmte Niederschlagsmengen ausgelegt. Bei extremen Regenereignissen kann diese auch überlastet werden. Für mehr Informationen zur Kanalisation dürfen wir Sie ersuchen, sich an Wien-Kanal zu wenden.“

„Alles einwandfrei“

Nach den Überflutungen vom August habe man die Einlaufschächte und die Verrohrungen geprüft – alles „in einwandfreiem Zustand“.

Damit also weiter wie bisher? Bis der nächste Starkregen – die es künftig ja öfter geben soll – die beiden Unterführungen wieder anfüllt und Menschen in Gefahr kommen? Die Frage, ob man nicht wie beim Wienfluss-Radweg Warnanlagen für den Fall des Falles installieren sollte, da die Straßenzüge ja teils uneinsichtig sind, blieb unbeantwortet.

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