Die Parkprivilegien der Diplomaten

Im Diplomatenviertel des 3. Bezirks befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft Botschaften und Vertretungen von mehreren Staaten – unter anderem von China, Iran, Nigeria und Russland
17.500 Auslandsvertreter sind in Österreich gemeldet. Mit ihren Dienstautos haben sie einige Vorteile.

"Hier steht wieder eins." Brunhilde Michalka deutet mit verärgertem Blick auf einen hellblauen BMW. "Oder hier." Diesmal zeigt die Wienerin auf einen schwarzen Mercedes ein paar Meter weiter, dann auf eine silberne VW-Limousine.

Das Gemeinsame dieser Fahrzeuge: Sie alle haben ein WD-Kennzeichen, das auf Diplomatenfahrzeuge hinweist.

Nun kann Anrainer des Botschaftsviertels im dritten Wiener Gemeindebezirk die Anwesenheit dieser Limousinen allein nicht irritieren. Der Grund, weshalb sich einige Anwohner in jüngster Zeit ärgern mussten: Immer öfter würden diese Autos nicht nur in den für Diplomatenautos gekennzeichneten Bereichen vor der Botschaft oder in etwaigen Garagen in der Vertretung stehen, sondern im allgemeinen Parkbereich – und das, obwohl zur selben Zeit Parkplätze im gekennzeichneten Bereich frei wären.

Das für andere Autos notwendige Parkpickerl sucht man auf diesen Fahrzeugen zudem vergeblich. "Sie haben ihre eigenen Parkplätze und nehmen uns trotzdem welche weg. Und dann müssen sie nicht einmal dafür zahlen, so wie wir. Das ist unfair", findet Michalka.

Dazu kommt: Seit Frühjahr diesen Jahres werden die ersten Anrainerparkplätze in der Landstraße realisiert. 289 wurden genehmigt. Ein weiterer Faktor, der die allgemeinen Stellplätze beschneidet.

In der Bezirksvorstehung Landstraße wird man mit dem Thema immer wieder konfrontiert. Und auch Wolfgang Schererbauer, Leiter der Parkraumüberwachungsgruppe, ist der Vorwurf gegen Diplomatenautos bekannt. Einzig: Er kann nichts dagegen tun.

Rund 17.500 Mitarbeiter von diplomatischen Missionen und internationalen Organisationen sind derzeit in Österreich akkreditiert. Die überwiegende Mehrheit davon hält sich in Wien auf. Mit ihren Dienstfahrzeugen sind sie aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen von Abgaben – etwa der Parkometerabgabe – befreit.

Stehen sie in einem Bezirk mit Parkpickerl müssten sie jedoch eine Parkuhr in die Windschutzscheibe legen, weil auch sie die höchstzulässige Parkdauer von drei Stunden nicht überschreiten dürfen. Eigentlich. Aber auch davon sind Diplomaten befreit, wenn sie in dem Bezirk parken, in dem sich ihre Botschaft befindet.

Rote Karte

Wenn Diplomaten einmal doch eine Strafe erhalten – für Falschparken oder Schnellfahren – ist noch nicht gesagt, dass diese auch bezahlt wird. Hier ist zunächst zu klären, ob der Fahrer eine rote oder eine blaue Diplomatenlizenz hat. Bei einer roten muss der Besitzer nicht zahlen, denn die Person hat Diplomatenstatus und genießt besonderen Schutz. Bei einer blauen Karte ist die Person nur Botschaftsangestellter und wird – wenn die Anzeige in der Freizeit passiert ist – zur Kasse gebeten.

Auch wenn sich Anrainer ärgern, hat sich die Situation in Wien in den vergangenen Jahren stark verbessert. Zum Vergleich: Heuer gab es in Wien bis dato 293 Anzeigen wegen diverser Verkehrsdelikte von diplomatischen Mitarbeitern. Im ganzen Jahr 2015 waren es 419 Anzeigen. Ein Jahr zuvor, 2014, waren es noch 1700 gewesen.

Grund für den drastischen Rückgang könnte eine strengere Verfolgung der Delikte seitens der obersten Behörde sein.

Maßnahmenpaket

Die Parkprivilegien der Diplomaten
Die Botschaft der Republik Kasachstan in der Felix-Mottl-Straße 23 in Wien 19 am 27.02.2015.
Außenamts-Sprecher Thomas Schnöll erläutert: "Das Außenministerium betont gegenüber Diplomaten sehr deutlich, dass sie zur Beachtung der österreichischen Rechtsvorschriften verpflichtet sind." Bei gravierendem oder wiederholtem Fehlverhalten im Straßenverkehr zitiert das Ministerium den betroffenen Diplomaten zu sich und setzt sich mit der vorgesetzten Dienststelle zur Abklärung allfälliger weiterer Maßnahmen in Verbindung.

Welche Nationen zu den Top-Verkehrsrowdys gehören, dazu wollte das Außenministerium keine Stellungnahme abgeben. Einer parlamentarischen Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2011 kann man jedoch entnehmen, dass 2010 in Österreich die meisten nicht bezahlten Strafzetteln Russland zuzuordnen waren, gefolgt von Kasachstan und China.

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