Die Josefstadt will Barrieren abbauen

Die Josefstadt will Barrieren abbauen
Wiens Geschäfte hinken beim barrierefreien Zugang hinterher. Im 8. Bezirk soll sich das rasch ändern.

Erbaut wurde das Haus in der Josefstädter Straße, in dem Eszter Szabolcs ihr Kindermodengeschäft „Pabagei“ führt, in den 1960er-Jahren. Und es sieht damit ungefähr so aus wie viele andere Gebäude in der Wiener Innenstadt: Sie liegen an abschüssigen Straßen, hab en verwinkelte Grundrisse oder fallen gar unter den Denkmalschutz.

Das Gedäude barrierefrei umzubauen, ist damit heikel und teuer. Oft – wie im Fall von Eszter Sabolcs – zeigen Hauseigentümer nicht zuletzt deshalb wenig Interesse an einem Umbau.

Die Josefstadt will nun zu einem Vorzeigebezirk in Sachen Barrierefreiheit werden. Eine Projektgruppe rund um den Wirtschaftskammer-Bezirksobmann Wolfgang Primisser will mit den Unternehmen Lösungen erarbeiten. Der Bezirk und die Mobilitätsagentur unterstützen dabei.

Für die Initative ist es höchste Zeit – das belegen Studien immer wieder: So sind weniger als die Hälfte – konkret 44,6 Prozent – der Geschäfte auf den großen Wiener Einkaufsstraßen für alle Menschen barrierfrei zugänglich. Das ergab eine Studie des ÖZIV (Bundesverband für Menschen mit Behinderung) Anfang des Jahres. Nicht nur der Prozentsatz ist ernüchternd, auch die Entwicklung ist es: Bei der Vorgängerstudie im Jahr 2016 waren 44,5 Prozent der Geschäfte barrierefrei. Das ergibt eine Verbesserung von 0,1 Prozentpunkten.

Die Josefstadt will Barrieren abbauen

WK-Obmann W. Primisser mit  M. Grundner (Mobilitätsagentur Wien), E. Szabolcs und Bezirksvorsteherin  Veronika Mickel (v.li.)

Pikant: Eigentlich sind Geschäfte zur Barrierefreiheit verpflichtet. So sieht es das Behindertengleichstellungsgesetz vor, das im Jahr 2006 mit einer zehnjährigen Übergangsfrist beschlossen wurde.

Die Josefstädter Straße schnitt bei den ÖZIV-Studien schlecht ab: Nur 24,5 Prozent der Geschäfte sind stufenlos erreichbar. Das ist der niedrigste Wert unter allen Einkaufsstraßen. (Bestplatziert: die Mariahilfer Straße.)

Breite Zielgruppe

Das soll sich mit dem Projekt ändern. Für Wirtschaftskammer-Obmann Primisser geht es um weit mehr als um stufenlose Zugänge: „Wir wollen eine Botschaft senden, auch im persönlichen Umgang mit behinderten Personen.“ Die Zielgruppe, die von der Barrierefreiheit profitiert, ist groß: blinde und gehörlose Menschen, Menschen in Rollstühlen, Ältere, Eltern mit Kinderwägen; aber auch Menschen mit vorübergehenden Beeinträchtigungen, etwa – ganz banal – mit Gipsfuß.

Studien zeigen, das barrierefreie Zugänge die Umsätze in diesen Zielgruppen merklich steigen lassen. Im Kindermodengeschäft Pabagei gibt es daher jetzt eine mobile Rampe. „Die ist schnell montiert“, sagt Szabolcs.

Übrigens: Die Stadt Wien muss sich bei ihren Ämtern nicht an das Gesetz halten, das Firmen zur Barrierefreiheit verpflichtet. Sie hat ein eigenes Gesetz – mit einer Übergangsfrist bis 2042.

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