Die Feuerwehr fährt zu oft aus
Ein Mittvierziger aus Wien vergaß öfters seinen Schlüssel in der Wohnung und sperrte sich danach aus. Eines Tages kam er auf die Idee, statt des teuren Schlüsseldienstes die (kostenlose) Feuerwehr zu rufen. Da diese nur bei Gefahr im Verzug kommt, erklärte er am Notruf kurzerhand, er habe sich ausgesperrt und die Herdplatte sei an – wenn die Tür nicht schnell geöffnet wird, dann würde die Wohnung vielleicht abbrennen.
So ein Missbrauch der Feuerwehr nimmt zu. "In manchen Bereichen ist der Bogen bereits jetzt überspannt", sagt Thomas Meier, Sprecher des Bundesfeuerwehrverbandes. "Wenn was passiert, dann heißt es: Die Feuerwehr wird es schon machen. Bei Hochwasser wird sogar ab und zu von uns erwartet, dass wir den Keller gleich trockenlegen und besenrein übergeben. Oder im Winter müssen wir Dächer freischaufeln." Im vergangenen Jahr ist die Zahl solcher technischer Einsätze um rund 15 Prozent gestiegen.
Das Problem ist: Die Feuerwehr sollte eigentlich nur ausrücken, wenn tatsächlich Feuer am Dach – also zumindest jemand in Gefahr ist. Für andere Einsätze gibt es Gewerbebetriebe, die sich darauf spezialisiert haben. Vor einigen Jahren sorgte genau dieses Problem für gehöriges Aufsehen auf der Außenringautobahn. Denn bei einem Schneechaos rückte nicht die Feuerwehr aus, da dies Aufgabe der Abschleppunternehmen war. Die Folge war ein Aufschrei all jener, die stundenlang festsaßen. Seither fahren die Löschtrupps in solchen Fällen auch aus.
"Manchmal Nein sagen"
Auslöser der Diskussion war ein Schreiben des Tiroler Landesfeuerwehrinspektors Alfons Gruber in einer Feuerwehr-Zeitung. In einem ORF-Interview meinte er sogar, die Feuerwehr müsse "auch manchmal Nein sagen, wenn es berechtigt ist". Mitunter müssten Leute ihren Arbeitsplatz verlassen, zum Feuerwehrhaus fahren und ausrücken, um ein Wespennest zu beseitigen oder weil es einen Wasserrohrbruch in einem Keller gibt.
Seither wird auch innerhalb der Einsatzkräfte heftig diskutiert. "Prinzipiell stimmt das, was er sagt", meint Thomas Meier vom Berufsfeuerwehrverband. Sein Kollege Franz Resperger von der nö. Feuerwehr sieht das nicht so ganz: "Im Zweifelsfall rücken wir lieber aus. Wir haben in NÖ 67.000 Einsätze im Jahr und man kann nicht jeden hinterfragen. Das ist nicht das Problem der Feuerwehr, sondern ein Problem des Charakters des Anrufers." Allerdings betont auch Resperger: "Wenn es keine Gefahr im Verzug gibt, müssen wir den Einsatz ablehnen. Wir wollen auch nicht dem Gewerbe in die Quere kommen." Ausnahmen gibt’s aber doch: Wenn sich etwa eine Entenfamilie in Hadersdorf/Kamp auf den Hauptplatz verirrt.
Feuerwehr in Zahlen
338 Tausend: So viele Mitglieder hat die Feuerwehr – jeder 20. Österreicher ist im Einsatz. 17.300 Mitglieder sind Frauen.
221 Tausend: Das ist die Zahl der Einsätze 2013. Nur ein Viertel betrifft Brände.
140 Tausend: So viele "technische Hilfeleistungen" gab es im Vorjahr.
Kommentare