Der Zweite in grüner Hand

Leopoldstadt Wahl
Die Grünen stellen die neue Bezirkschefin. Die Bewohner sind überrascht.

In der Leopoldstadt ist seit Sonntag nicht mehr nur der Prater grün. Bei der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl mit 32,24 Prozent der Stimmen landeten die Grünen auf Platz eins, gefolgt von der SPÖ (28,83) und der FPÖ (24,94). Zu Redaktionsschluss waren die Stimmen der Briefwähler und EU-Bürger noch nicht ausgezählt. An der Reihenfolge wird das aber nichts mehr ändern. Die Grünen bleiben stärkste Kraft und stellen somit nach Neubau und Währing den dritten Bezirksvorsteher in Wien. Karlheinz Hora dankt ab, Uschi Lichtenegger, Spitzenkandidatin der Grünen, übernimmt. Die designierte Bezirksvorsteherin zeigte sich am Montag noch immer überwältigt vom Wahlergebnis und betonte, dass ihr das Miteinander wichtig sei: "Egal, ob man wählen war, oder nicht. Ob man wählen durfte, oder nicht: Wir leben hier alle zusammen. Wir alle sind die Leopoldstadt. Darum geht es mir ab heute", sagt Lichtenegger. Daher werde sie in den kommenden Tagen und Wochen das Gespräch mit allen im Bezirk vertretenen Fraktionen suchen.

Ein Lokalaugenschein des KURIER Montagvormittag auf der Praterstraße zeigt: Mit dem Wahlergebnis haben die Leopoldstädter nicht gerechnet. "Ja natürlich bin ich überrascht, dass die SPÖ so viel verloren hat", sagt Anton Bieszczad, der seit 1955 in der Leopoldstadt wohnt und nennt auch gleich den Grund für die Wahlschlappe: "Die Leute sind angefressen und fühlen sich verarscht. Die SPÖ kann ihre Wähler nicht mehr mobilisieren. Seit Häupl Bürgermeister ist, geht es mit der Stadt bergab." Er selbst war nicht wählen, betont aber: "Normal gehe ich immer, aber dieses Mal war ich bewusst nicht. Ich gebe zu: Ich hätte die FPÖ gewählt."

Verkehrsberuhigung

Im Wahlkampf der Grünen war unter anderem eine mögliche Verkehrsberuhigung der Praterstraße Thema. Eine Idee, die bei Anrainern befürwortet wird. "Eine Verkehrsberuhigung würde mich freuen, ansonsten bin ich wunschlos glücklich mit dem Bezirk", erklärt Paul Skedl. Aber auch negative Stimmen gibt es dazu: "Es ist hirnrissig. Schon jetzt stehen die Autos in der Früh bis zur Urania. Wenn man noch eine Spur wegnimmt, wird es das reinste Verkehrschaos", meint Anton Bieszczad.

Das sagen die Bewohner

Vera Boser: "Ich freue mich sehr, dass die Grünen gewonnen haben. Dass die SPÖ den Bezirksvorsteher verloren haben, wundert mich nicht. Sie kann ihre Wähler nicht mehr mobilisieren.“

Johann Schneider: "Ich bin sehr überrascht über den Wahlausgang. Aber zufrieden bin ich nicht damit. Von den Grünen wünsche ich mir nun echtes Handeln, und zwar mit Vernunft.“

Manuel Pirker: "Ich bin froh, dass die Grünen erfolgreich waren. Nun müssen sie nur ihre Ziele auch umsetzen. Als Fahrradfahrer würde ich die Beruhigung der Praterstraße begrüßen."

Der Wahltag am Sonntag brachte für die SPÖ zwei bittere Lehren: Dankbarkeit ist keine politische Kategorie und die Roten haben ein Mobilisierungsproblem. Anders ist es nicht zu erklären, dass die SPÖ den großen Vorsprung von 16 Prozentpunkten vom ersten Wahlgang noch verspielt hat.

Gerade in den neuen Stadtentwicklungsgebieten, etwa am Nordbahnhof, holten die Grünen zum Teil mehr als 50 Prozent der Stimmen. Obwohl dort der rote Wohnbaustadtrat eine Wohnung nach der anderen eröffnete, sahen die Neo-Leopoldstädter offensichtlich ihre Interessen besser von den Grünen vertreten.

Die alteingesessen Leopoldstädter in den Gemeindebauten gaben hingegen oft der FPÖ ihre Stimme. Der zweite viel wichtigere Punkt, der der SPÖ zu denken geben muss: Ohne eigene Themen lässt sich kein Wahlkampf machen. Nur zu sagen "die Leopoldstadt ist eh super, wählt daher den Bezirksvorsteher Charly Hora" ist einfach zu wenig. Wenn man dann noch die FPÖ-Themen wie Sicherheit am Praterstern aufgreift, darf man sich nicht wundern. Neben personellen Konsequenzen braucht die SPÖ daher dringend neue Ideen, wie man die einstigen Wähler zurückerobern kann.

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