Nach Parteichef Karl Mahrers Brunnenmarkt-Video, in dem er die Dominanz syrischer Standler beklagt, handelt es sich um die nächste schrille Kampagne der Stadt-ÖVP binnen weniger Wochen. Zuletzt hatte schon die Bundespartei eindringlich vor der neuen tiefroten Bedrohung gewarnt.
➤ Nach Video-Kritik von Wiens ÖVP-Chef: Ein Besuch am Brunnenmarkt
Innerhalb der Landespartei ist man ob des nun ausgerufenen Feldzugs gegen den Marxismus geteilter Meinung. „Es ist wichtig aufzuzeigen, wofür Babler steht“, sagt ein langjähriger Funktionär. „Das ist nichts als Linkspopulismus. Hinzu kommen seine unfassbaren Aussagen zur EU und zum Jugoslawienkrieg.“
Dass jetzt auch über „linke“ Bezeichnungen im Stadtbild gesprochen wird, begrüßt er. „Bisher liefen solche Diskussionen sehr einseitig. Seit Ewigkeiten wird über das Lueger-Denkmal debattiert, über den nach Karl Renner, der den Anschluss begrüßt hat, benannten Teil des Rings spricht aber keiner“, sagt der Funktionär.
Andere sind skeptischer: „Die Motivation hinter solchen Aktionen ist verständlich, schließlich wird mit Bablers Aussagen und Forderungen der ideologische Nerv der ÖVP getroffen“, sagt ein zweiter Funktionär. „Ich glaube aber nicht, dass solche Marxismus-Debatten uns viel bringen. Statt sich so intensiv mit Babler zu beschäftigen, sollten wir lieber mit eigenen inhaltlichen Forderungen die Wiener SPÖ herausfordern – von Infrastruktur-Projekten über Bildung bis hin zur Kultur.“
Politik-Berater Thomas Hofer überrascht die Schärfe der Tonart, mit der die Wiener ÖVP auftritt. „Sie agiert noch zugespitzter als die Bundespartei.“ Zu erklären sei dies wohl mit der Panik angesichts der laut Umfragen drohenden massiven Verluste bei der nächsten Wien-Wahl zugunsten der FPÖ.
Den Blauen wolle man laut Hofer nicht das Feld überlassen. Deshalb gehe man im Kopieren des FPÖ-Stils mittlerweile so weit, dass bei vielen Aussagen kaum noch zu bestimmen sei, von welcher der beiden Parteien sie stammt. Nicht zu unrecht sei dieser Stil aber auch ÖVP-intern umstritten, ist der Experte überzeugt: „Man kann scharfe Kanten zeigen, aber mit Brachialpopulismus im Stile der FPÖ wird man eher keinen Erfolg haben.“
Geschickter habe da schon Sebastian Kurz agiert, der zwar auch FPÖ-Themen wie die Migration aufgegriffen habe, allerdings in einem moderateren Ton.
Lohnender als eine Anti-Marx-Kampagne wäre es laut Hofer, stärker die Auseinandersetzung auf sachlicher Ebene zu suchen – etwa beim Thema Vermögenssteuern. Dies würde auch mehr der realen Lebenswelt der potenziellen Wähler entsprechen.
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