Das Comeback der umstrittenen Touristenwohnungen

Tourist woman staying in luxury hotel
Mit dem Ende der Pandemie nehmen die umstrittenen Kurzzeit-Vermietungen wieder zu. Damit geht Wohnraum verloren. Die Grünen fordern schärfere Regelungen

Gehörig schief hängt derzeit der Haussegen in einem Gründerzeit-Bau im 15. Bezirk. Dort werden seit einigen Monaten zwölf Wohnungen kurzzeitig an Touristen vermietet. Einer der regulären Mieter fühlt sich von ihnen derart gestört, dass er im Stiegenhaus ein Plakat aufhängte, auf dem er mit einer Anzeige drohte.

Die Folge: Eines Tages klebte auf den Türen aller Mieter ein Schreiben einer nicht näher bezeichneten „Betreibergesellschaft“. Sollte es zu weiteren Einschüchterungsversuchen gegenüber Gästen kommen, heißt es darin, werde man seinerseits rechtliche Schritte überlegen.

Obendrein würde man längst schon das gesamte Haus an Touristen kurzzeitvermieten, hätte nicht die Pandemie diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nur deshalb habe man die Wohnungen befristet an reguläre Mieter vergeben. Um das Haus seinem eigentlichen Zweck zurückzuführen, sei es allerdings nicht möglich, den Mietvertrag zu verlängern. Als „Angebot“ bestehe die Möglichkeit, die Wohnungen vorzeitig und ohne Kündigungsfrist zurückzugeben.

Alles legal

Gegenüber dem KURIER betont der Betreiber, in Abstimmung mit dem Eigentümer und vor allem völlig legal zu handeln. Schließlich befinde sich das Haus nicht in einer Wohnzone, wo Kurzzeit-Vermietungen sehr stark eingeschränkt sind. Die Legalität des Vorgehens bestätigt man bei der Arbeiterkammer Wien, die auch schon mit dem Fall beschäftigt ist.

2.000 Wohnungen weg

Die Episode zeigt dennoch: Mit dem Ausklingen der Pandemie und der Rückkehr der Touristen wird der Kampf um Wohnfläche in Wien wieder ruppiger. Denn mit den Gästen kommen auch die umstrittenen Kurzzeit-Vermietungen von Wohnungen wieder zurück. Damit geht Wohnraum verloren: Waren es vor Ausbruch der Pandemie rund 3.000 Wohnungen in Wien, die aufgrund der Vergabe via Branchenführer Airbnb dem Wohnungsmarkt entzogen waren, sind es nach einem vorübergehenden starken Einbruch mittlerweile wieder rund 2.000. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der MA23 (Statistik), die auf vorsichtigen Schätzungen basiert.

Die gute Nachricht: Im Unterschied von Städten wie Barcelona oder Prag sei Wien mit solchen Zahlen noch nicht vom für die Einheimischen massiv belastenden Phänomen des „Overtourism“ betroffen.

Die Grünen befürchten aber, dass in nächster Zukunft viele Mieter wie im geschilderten Fall ihre Wohnung an Kurzzeit-Vermieter verlieren, weil ihre Mietverträge auslaufen. Sie fordern daher strengere Regeln seitens der Stadt. „Die touristische Zweckentfremdung von Wohnungen ist Wohnraub an den Wienern. Sie steigert die Wohnungspreise und reduziert das Wohnungsangebot um Tausende Wohnungen“, sagt Wohnbausprecher Georg Prack.

„Wir schlagen deshalb vor, in der Bauordnung für alle Wohnungen in der Stadt ein Verbot der Zweckentfremdung für gewerbliche touristische Zwecke festzuschreiben“, sagt die grüne Parteichefin Judith Pühringer.

Das Comeback der umstrittenen Touristenwohnungen

Judith Pühringer (Grüne)

Eine andere Möglichkeit wäre eine Ausweitung der Wohnzonen auf dem gesamten Wohnungsbestand. Derzeit gelten sie nur in den Bezirken 1 bis 9 und 20. Gleichzeitig soll aber eine in Wohnzonen geltende Ausnahmeregelung fallen: Gewerbliche Kurzzeit-Vermietungen sind auch dort erlaubt, wenn in räumlicher Nähe Ersatzwohnungen geschaffen werden. In der Praxis würde es sich dabei aber meist um Luxuswohnungen handeln, heißt es bei den Grünen.

Reform geplant

Tatsächlich soll es noch bis zum Herbst zu einer Reform der Wiener Bauordnung kommen, sagt dazu ein Sprecher von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ). Details will er mit Verweis auf die laufenden Verhandlungen noch nicht verraten.

Wie berichtet, kann sich Gerhard Cech, Leiter der zuständigen Baupolizei (MA37), durchaus vorstellen, dass die in den Wohnzonen geltenden Regeln auf das ganze Stadtgebiet ausgeweitet werden.

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