Bunker in der Josefstadt wird erstmals für Publikum geöffnet

Ein langer Flur mit landwirtschaftlichen Geräten an der Wand.
Die meisten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg sind verfallen. Jener unter dem Schönbornpark ist aber gut erhalten.

Geflutet, zugeschüttet oder abgerissen: Die meisten der im Zweiten Weltkrieg errichteten Luftschutzbunker verfallen. Zumindest in Wien. In Berlin werden sie hingegen für Geschichtsvermittlung genutzt, es werden regelmäßig Führungen angeboten.

Der Grund: In Österreich stelle man sich nicht seiner nationalsozialistischen Vergangenheit, sagt Historiker Marcello La Speranza. Der Archäologe beschäftigt sich bereits seit mehr als 30 Jahren mit Wiens Untergrund und will aktiv gegen das Vergessen arbeiten.

Darum hat er nicht nur die Ausstellung „Erinnern im Innern“ im Flakturm Museum im Haus des Meeres kuratiert, sondern bietet im September und Oktober erstmals auch Führungen im gut erhaltenen Luftschutzbunker unter dem Schönbornpark in der Josefstadt an (siehe Infos unten). „Dieser Bunker ist eines der wenigen Zeugnisse einer schicksalsschweren Zeit“, sagt La Speranza.

Zwei Männer stehen in einem Gang mit der Aufschrift „Rauchverbot“ an der Wand.

Marcello La Speranza (li) und Lukas Arnold erkunden als Forscherteam Wiener Unterwelten die Bunker unter Wien.

Initiiert wurden diese Führungen vom Volkskundemuseum Wien. Seit 1978 nutzt das Museum den Bunker nämlich als Depot. Da die Aufbewahrung dort aus konservatorischen Gründen aber problematisch ist, werden die gelagerten Objekte derzeit in das Hauptdepot im Hafen Freudenau übersiedelt – und es wird über eine neue Nutzung des Bunkers als möglichen Ausstellungs- und Veranstaltungsort nachgedacht. Für La Speranza eine gute Sache: „Es ist hinsichtlich einer pädagogischen und gesellschaftspolitischen Aufklärungsgedenkkultur wichtig, wenn solche baulichen Hinterlassenschaften des Dritten Reiches als Positionsmarker der Vergangenheit erkennbar bleiben.“

Originalzustand

Zu sehen gibt es im Bunker jedenfalls genug. „Das Interieur ist noch beinahe im kompletten Originalzustand erhalten“, sagt Lukas Arnold, der gemeinsam mit La Speranza das Forscherteam Wiener Unterwelten bildet. Gemeinsam wollen die beiden „einen Einblick in die schreckliche Vergangenheit unserer Eltern und Großeltern geben, damit sich diese Ereignisse nie wieder wiederholen“, so Arnold. Darum laute das Motto der Führungen „Erinnerungskultur: Schwieriges Erbe“.

Wer einen Blick in den Bunker unter dem Schönbornpark wirft, weiß auch, wie die anderen ausgesehen haben. Der Grund dafür sei die oft zitierte deutsche Gründlichkeit, sagt La Speranza: In den Jahren 1940/’41 wurden in der „Gauhauptstadt Wien“ im Zuge des sogenannten „Führer-Sofort-Programms“ – angeordnet in Berlin von Adolf Hitler – , rund 30 einheitlich konzipierte Bunkeranlagen errichtet.

Erbaut wurden sie von Zwangsarbeitern nach ganz genauen Vorgaben. Die 40x20 Meter großen Anlagen hatten allesamt Schutzraum-Belüfter, sanitäre Anlagen und Aborte. Die Bunker bestanden nicht aus einem großen Raum, sondern aus mehreren Kammern, um Massenpaniken zu vermeiden.

Konzipiert waren sie für rund 300 Personen – hauptsächlich für Mütter und Kinder –, im Ernstfall suchte aber mindestens die doppelte Anzahl innerhalb der Betonmauern Schutz. Zwischen 1943 und 1945 gab es 53 Luftangriffe auf Wien, der Alarm ging aber wesentlich öfter los.

Jugendliche erzählen

Einen weiteren Bunker, den man besichtigen kann, gibt es unter dem Arne-Karlsson-Park am Alsergrund. Das ansässige Bezirksmuseum hat zusammen mit Schülern des Erich-Fried-Realgymnasiums die Dauerausstellung „Durch die Dunkelheit und wieder zurück“ ins Leben gerufen. Jugendliche führen dabei durch den „Erinnerungsbunker“ und erzählen dabei vor allem über die Leiden der Zivilbevölkerung während des Bombenkriegs.

Infos zu den Führungen: 

Bunker Schönbornpark
Wer noch  Tickets ergattern will, muss schnell sein. Plätze gibt es noch am 4. Oktober. volkskundemuseum.at 

Bunker Arne-Karlsson-Park
Das Konzept sieht vor, dass Schüler von Schülern durch den Bunker geführt werden. Es gibt aber auch gesonderte Führungen für Erwachsene nach Vereinbarung. Kontakt: bm1090@bezirksmuseum.at


 

Kommentare