Brandanschlag: Prostituierte will 50.000 €
Man sieht solche Sachen im Fernsehen. "Da hat sich jemand mit zwei Litern Benzin übergossen und angezündet und ist auch nicht gestorben", sagt einer der Angeklagten. Es passiert auch im echten Leben, mitten in Wien. Am 16. Mai 2010 schütteten rumänische Zuhälter der Prostituierten Florentina M. - die kein "Standgeld" zahlen wollte - in einer Disco in Favoriten Benzin über den Kopf und zündeten die Frau an. "Ich hatte das Gefühl, das Fleisch rinnt mir aus dem Gesicht", sagte die in einer Notoperation gerettete 35-Jährige. Dabei hat ihr der eine Angeklagte doch ohnehin nur ein halbes Glas Benzin über die (langen) Haare gekippt, wie er abschwächend betont. Als sie in Flammen aufging, "hab' ich mich erschreckt".
Gleichgültig
Ob die Wahrscheinlichkeit, daran zu sterben, nun bei 10 Prozent (wie die Verteidiger meinen) oder 50 Prozent liegt (wie Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich ausführt): Hauptangeklagter Bogdan N., genannt Cretu (= Schneckerl), und zwei Komplizen sind nun wegen Mordversuchs vor einem Geschworenensenat im Wiener Landesgericht angeklagt. Denn "Gleichgültigkeit darüber, dass sie sterben könnte", reicht dafür laut Staatsanwalt schon aus.
Florentina M. kam nicht zum Prozess, ihre Aussage wurde schon zuvor auf Video festgehalten. Ihr Rechtsbeistand Peter Philipp, einer der dienstältesten Strafverteidiger des Landes, wollte zum Prozessauftakt über den Zustand des Opfers informieren. Vorsitzender Roland Weber wies aber - entgegen langjähriger Praxis - ausgerechnet in diesem Verfahren kühl lächelnd darauf hin, dass in der Strafprozessordnung kein Eröffnungsvortrag der Opferanwälte vorgesehen ist.
Kein Euro
Philipp fordert 50.000 Euro Schmerzensgeld für die entstellte Frau und wollte wissen (Fragen stellen durfte er schon), warum die Angeklagten bisher noch keinen Euro gezahlt haben. "Das kommt auf die Strafe an", ließ der Zweitangeklagte Nicolae N. wissen. Also quasi: Je weniger Haft er bekommt, desto mehr würde er zahlen.
Er hatte Florentina M. auf Cretus Geheiß mit dem Benzin angeschüttet. "Machen Sie alles, was er Ihnen sagt?", fragt der Richter. "Es ist nicht gut, wenn Cretu auf einen böse ist", antwortet N. Wer das Feuerzeug angehalten hatte, das schieben sich Cretu und er aber gegenseitig zu. Cretu betont, er sei doch Nichtraucher, was solle er mit einem Feuerzeug?
Der 30-Jährige präsentierte sich im Prozess geradezu als Schutzengel. Er habe dafür gesorgt, dass das Opfer ins Spital gebracht wird, nachdem N. mit dem Feuerzeug "gespielt" habe. Von "Standgeld" wollte Cretu nichts hören, er sei doch Bodyguard und kein Zuhälter und wisse gar nicht, was "die" mit Frauen machen. . .
Die Urteile werden für Donnerstag erwartet.
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