Brand in Massenquartier: 200 Menschen gerettet
Die Bewohner in dem Wohnbau an der Wiener Brigittenauer Lände waren panisch. Sie drängten Montagfrüh zu den Fenstern, riefen um Hilfe. Den Einsatzkräften der Exekutive, Rettung und Feuerwehr gelang es, die Menschen zu beruhigen. Polizisten zählten 200 Personen, die ins Freie gebracht wurden. Der Wohnungsbrand war rasch gelöscht. Vorsorglich wurden 24 Menschen wegen Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung in Spitäler gebracht.
200 Menschen, die sich laut Feuerwehr rund 30 Wohnungen teilten. Der Brand rückte am Tag danach auch die sozialen Zustände in dem desolaten Haus auf die Agenda der Bezirksvertretung. Nur: Politik und Behörden, so hieß es auf Anfrage, sind die Hände gebunden.
Stunden nach dem Brand öffneten die Mieter den Journalisten die Türen. Singh S., 25, erzählte: „Ich hab’ noch bei den Nachbarn geklopft, bevor ich rausgelaufen bin.“ Er teilt sich mit mehreren Männern eine Wohnung. Einen Stock oberhalb sind in einem Zimmer mehrere Matratzen zu sehen. Eine andere Tür, eine ansatzweise renovierte Wohnung. Mohammed R., 40, öffnet und erzählt. „In meiner Heimat in Bangladesch wären die Menschen gestorben, weil die Feuerwehr zu spät gekommen wäre.“
Katz-und-Maus-Spiel
Das gesamte Gebäude ist verwahrlost, aber kein Mieter beschwert sich darüber. Hannes Derfler, SPÖ-Bezirksvorsteher in der Brigittenau, sagt: „Das sind Menschen, die froh sind, ein Dach über dem Kopf zu haben.“ Hier werde „am Rücken der Ärmsten der Gesellschaft Geld gemacht“.
Seit Jahren liefern sich Derfler zufolge die Bezirksvertreter und der Hauseigentümer ein Katz-und-Maus-Spiel: „Kurz bevor die Behörde einschreiten will, lässt er Sachen reparieren.“ Der Hauseigentümer, ein Immobilienverwalter, war am Montag nicht erreichbar.
Nicht nur Derlfer, auch der Leiter der Baupolizei, Gerhard Cech, kennt das Objekt aus mehreren Verfahren. 200 Menschen in rund 30 Wohnungen – geht das? Cech: „Es gibt keine Obergrenze, wie viele sich im Gebäude aufhalten dürfen.“
Derfler will nun auf die Mieter zugehen: „Ich würde sie gerne zum Mieterschutz begleiten“, sagt er.Für Mieter R., der demnächst sein Studium an der Boku beendet, ist das zu spät. „Ich ziehe im November um.“
Kommentare