Blühendes Leben auf Beton: Zwischennutzungsprojekte in St. Marx

Das saftig grüne Gras wächst auf einer dicken Betonschicht. Nur die rund fünf Zentimeter Erde, die darauf ausgestreut wurden, halten die Gräser und Sträucher am Leben. Und dennoch hat sich der Verein „Neu Marx Garten“ vor acht Jahren genau hier niedergelassen. Inmitten einer 40.000 Quadratmeter großen Betonfläche in der Karl-Farkas-Gasse 1 im 3. Bezirk.
Seitdem bringen die 24 Hobby-Gärtner einen Teil der Fläche zum Blühen und Gedeihen. „Es ist schon faszinierend zu sehen, wie sich die Natur alles zurückholt“, sagt Gertrud Debout vom Verein. Von Dauer ist diese grüne Oase aber nicht. Bei dem Garten handelt es sich nämlich um ein Zwischennutzungsprojekt.
Wien Holding Arena
Neu Marx Garten
24 Personen garteln in Neu Marx. Am 22. April lädt der Verein Interessierte zu einem „Nachmittag im Neu Marx Garten“ Mit Gesprächen und Live-Musik. Start ist um 15 Uhr
Skatepark
Seit 2016 betreibt der Verein „Alm DIY“ den Skaterpark in Neu Marx. Um die 60 Menschen kommen bei Schönwetter hierher
Die geplante Halle
Die „Wien Holding Arena“ soll die in die Jahre gekommene Stadthalle ersetzen – sie soll in Neu Marx künftig für 20.000 Besucher Platz bieten
Allerdings verschiebt sich deren Bau immer weiter nach hinten: Angedacht war der Baustart für das Jahr 2021, die Fertigstellung für 2024. Die Bauarbeiten haben aber immer noch nicht begonnen – und ein Fortschritt ist nicht in Sicht. Politisch ist das problematisch – für die Stadtregierung könnte das nächste Großprojekt zu einem Misserfolg werden. Die Betreiber der Zwischennutzungsprojekte freut’s.
Auf der Warteliste
Der Gartenverein, der eigentlich schon 2019 den Platz hätte räumen sollen, ist deshalb noch immer da. Die Hochbeete werden nach wie vor gepflegt und auch die wöchentlichen Treffen finden weiter statt. „Wir haben sogar eine Warteliste mit Leuten, die auf ein Beet warten“, sagt Debout. Ob die aber noch zum Zug kommen, bleibt fraglich.

Gertrud Debout vom Verein „Neu Marx Garten“
Statt der früher von der Wiener Standortentwicklung (WSE) ausgestellten Jahresverträge gibt es nun jederzeit kündbare Verträge. Kommt die Kündigung, muss der Gartenverein innerhalb von zwei Monaten ausziehen. „Wir wussten von Anfang an, dass wir wegmüssen, aber es wird uns das Herz zerreißen, wenn das hier alles weggebaggert wird“, sagt Debout.
Eine gewisse Hoffnung, dass der Auszug noch nicht so bald über die Bühne geht, besteht aber: „Heuer sind noch einige größere Veranstaltungen auf der Leerfläche geplant. Ich bin guter Dinge.“
Ein Leben in der Illusion
Entspannt zeigt sich auch Benjamin Beofsich, Obmann vom Verein „Alm DIY“, der den Skatepark in der Nähe des einzigen Baumes auf dem Areal betreibt. „Ich glaube mittlerweile sogar, dass die Halle gar nicht mehr gebaut wird. Ein bisschen in einer Illusion muss man schließlich leben“, sagt er.

Benjamin Beofsich, Obmann des Skater-Vereins
Um die 50 bis 60 Menschen kommen bei Schönwetter zum Skaten, Reden, Musikhören hierher. Die bunt besprayten Rampen wurden allesamt selbst gebaut. Eine echte Mitgliedschaft gibt es hier nicht. „Jeder, der den Platz respektiert, wird selbst respektiert.“
Orte wie diesen brauche eine Stadt, sagt Beofsich. Umso unverständlicher sei es für ihn, dass dieser Platz geopfert werden soll: „Krieg, Corona und die Teuerungen bedrohen den sozialen Wohlstand. Da stellt sich mir die Frage, ob man so viel Geld für eine Halle ausgeben muss“.
Zwischennutzungsprojekte aufrechterhalten
Die zuständige Wien Holding will die Zwischennutzungsprojekte auf dem Areal „so lange wie möglich aufrechterhalten“, heißt es auf Anfrage. Am Bau der Eventhalle hält man freilich fest – wie genau es weitergeht, soll sich bald klären.
Vielleicht wird bis dahin noch mehr Gras über die Sache wachsen.
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