Blühendes Leben auf Beton: Zwischennutzungsprojekte in St. Marx

Eine junge Frau fährt in einem Skatepark auf einem Skateboard.
Auf dem Areal, auf dem die Stadt die neue „Wien Holding Arena“ errichten will, haben sich vielversprechende Zwischennutzungsprojekte angesiedelt.

Das saftig grüne Gras wächst auf einer dicken Betonschicht. Nur die rund fünf Zentimeter Erde, die darauf ausgestreut wurden, halten die Gräser und Sträucher am Leben. Und dennoch hat sich der Verein „Neu Marx Garten“ vor acht Jahren genau hier niedergelassen. Inmitten einer 40.000 Quadratmeter großen Betonfläche in der Karl-Farkas-Gasse 1 im 3. Bezirk.

Seitdem bringen die 24 Hobby-Gärtner einen Teil der Fläche zum Blühen und Gedeihen. „Es ist schon faszinierend zu sehen, wie sich die Natur alles zurückholt“, sagt Gertrud Debout vom Verein. Von Dauer ist diese grüne Oase aber nicht. Bei dem Garten handelt es sich nämlich um ein Zwischennutzungsprojekt.

Wien Holding Arena

Genau hier soll in Zukunft die „Wien Holding Arena“, eine neue Eventhalle mit einem Fassungsvermögen von 20.000 Besuchern, entstehen.

 

Allerdings verschiebt sich deren Bau immer weiter nach hinten: Angedacht war der Baustart für das Jahr 2021, die Fertigstellung für 2024. Die Bauarbeiten haben aber immer noch nicht begonnen – und ein Fortschritt ist nicht in Sicht. Politisch ist das problematisch – für die Stadtregierung könnte das nächste Großprojekt zu einem Misserfolg werden. Die Betreiber der Zwischennutzungsprojekte freut’s.

Auf der Warteliste

Der Gartenverein, der eigentlich schon 2019 den Platz hätte räumen sollen, ist deshalb noch immer da. Die Hochbeete werden nach wie vor gepflegt und auch die wöchentlichen Treffen finden weiter statt. „Wir haben sogar eine Warteliste mit Leuten, die auf ein Beet warten“, sagt Debout. Ob die aber noch zum Zug kommen, bleibt fraglich.

Eine Frau sitzt auf einer Holzschaukel in einem Gemeinschaftsgarten mit Hochhäusern im Hintergrund.

Gertrud Debout vom Verein  „Neu Marx Garten“

Statt der früher von der Wiener Standortentwicklung (WSE) ausgestellten Jahresverträge gibt es nun jederzeit kündbare Verträge. Kommt die Kündigung, muss der Gartenverein innerhalb von zwei Monaten ausziehen. „Wir wussten von Anfang an, dass wir wegmüssen, aber es wird uns das Herz zerreißen, wenn das hier alles weggebaggert wird“, sagt Debout.

Ein Gemeinschaftsgarten mit Hochbeeten und einer Schaukel im Hintergrund einer Stadtlandschaft.

Ein offener Raum mit Holzbalkendecke, begrünten Wänden und verschiedenen Sitzgelegenheiten.

Ein Schrebergarten mit einem Schaukelstuhl und im Hintergrund Hochhäuser.

Ein Holzwegweiser in einem Gemeinschaftsgarten zeigt zu Gaststätte, Pizzeria, Chill-Lounge, Ausgang und WC.

Ein Strandkorb steht in einem Schrebergarten vor einer städtischen Kulisse.

Blick über einen Gemeinschaftsgarten in der Stadt mit Hochhäusern im Hintergrund.

Eine gewisse Hoffnung, dass der Auszug noch nicht so bald über die Bühne geht, besteht aber: „Heuer sind noch einige größere Veranstaltungen auf der Leerfläche geplant. Ich bin guter Dinge.“

Ein Leben in der Illusion

Entspannt zeigt sich auch Benjamin Beofsich, Obmann vom Verein „Alm DIY“, der den Skatepark in der Nähe des einzigen Baumes auf dem Areal betreibt. „Ich glaube mittlerweile sogar, dass die Halle gar nicht mehr gebaut wird. Ein bisschen in einer Illusion muss man schließlich leben“, sagt er.

Ein Mann steht vor einer mit Graffiti bedeckten Skateanlage unter einer Brücke.

Benjamin Beofsich, Obmann des Skater-Vereins

Um die 50 bis 60 Menschen kommen bei Schönwetter zum Skaten, Reden, Musikhören hierher. Die bunt besprayten Rampen wurden allesamt selbst gebaut. Eine echte Mitgliedschaft gibt es hier nicht. „Jeder, der den Platz respektiert, wird selbst respektiert.“

Eine Person fährt mit einem Skateboard in einem Skatepark mit Graffiti im Hintergrund.

Eine Frau mit lockigen Haaren fährt Skateboard in einem Skatepark mit Graffiti.

Orte wie diesen brauche eine Stadt, sagt Beofsich. Umso unverständlicher sei es für ihn, dass dieser Platz geopfert werden soll: „Krieg, Corona und die Teuerungen bedrohen den sozialen Wohlstand. Da stellt sich mir die Frage, ob man so viel Geld für eine Halle ausgeben muss“.

Zwischennutzungsprojekte aufrechterhalten

Die zuständige Wien Holding will die Zwischennutzungsprojekte auf dem Areal „so lange wie möglich aufrechterhalten“, heißt es auf Anfrage. Am Bau der Eventhalle hält man freilich fest – wie genau es weitergeht, soll sich bald klären.

Vielleicht wird bis dahin noch mehr Gras über die Sache wachsen.

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