Ein durch mindestens zwei Bauchschüsse lebensgefährlich verletzter Wachmann der Sicherheitsfirma Siwacht, eine im Unterschenkel getroffene Bankangestellte, und Schüsse auf offener Straße: Dieses Szenario war Mittwochvormittag keine Sequenz eines Tatort-Krimis, sondern einer der skrupellosesten Banküberfälle der vergangenen Jahre.
Kurz vor 10 Uhr stürmte ein mit einem Motorradhelm maskierter Mann in die Bank-Austria-Filiale in der Edelsinnstraße in Wien-Meidling. Er hatte eine Pistole in der Hand. Bei der Glastüre vom Foyer in den Schalterraum stellte sich der – unbewaffnete – 32-jährige Mohammed S. dem Räuber in den Weg. Der Syrer ist als Security bei der Sicherheitsfirma Siwacht beschäftigt. „Ob schon jetzt der erste Schuss fiel, wissen wir noch nicht“, sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger.
Querschläger
Der Täter sprang über das Kassenpult und bediente sich an den Banknoten. Sekunden später kletterte er zurück. Jetzt stellte sich der Sicherheitsmann ihm noch einmal entgegen. Es krachten mehrere Schüsse. Ein oder zwei weitere Projektile trafen den Siwacht-Mitarbeiter in den Bauch. Eine Kugel wurde von einer Säule abgelenkt und schlug in den Unterschenkel einer 21-jährigen Bankangestellten ein. Bei dem Blitzüberfall befanden sich auch fünf Kunden im Schalterraum. Der Kriminelle flüchtete aus dem Geldinstitut in die benachbarte Tanbruckgasse. Vorbei an mehreren Bauarbeitern. „Als der Mann vorbeilief, habe ich die Verfolgung aufgenommen. Ich habe auch gesehen, wie der Sicherheitsmann auf der Edelsinnstraße direkt vor der Bank zusammenbrach“, erzählt Arbeiter Michael Heretik. Plötzlich drehte sich der Täter um und zielte auf den Verfolger. Die Kugel schlug in einer Glasscheibe ein.
Zu diesem Zeitpunkt kniete Passant Alois Hablik bereits über dem Schwerverletzten: „Ich habe seine Jacke geöffnet und das Blut gesehen. Wir haben den Mann versorgt. Das waren sicher mehrere Kugeln, die ihn getroffen haben.“ Das bestätigt auch Optikermeister August Medvey:„Wir liegen Wand an Wand mit der Bank. Ich habe in meinem Geschäft mehrere Schüsse gehört und die Polizei alarmiert.“
Einen entscheidenden Hinweis gab Heinrich Leiner. Er sah aus dem nahen Gasthaus, dass der Täter einen silbernen Helm und eine orange Warnweste trug. Darüber hinaus beobachtete er, dass der Räuber mit einem Fahrrad flüchtete.
Der Notarzthubschrauber flog den angeschossenen Siwacht-Mitarbeiter ins AKH. Die Ärzte kämpften noch am späten Nachmittag um sein Leben.
Jeden zehnten Tag
Statistik Hochgerechnet wurde im Vorjahr in Wien jeden zehnten Tag eine Bankfiliale überfallen. In Summe waren es 34. Die Wiener Kriminalisten konnten mehr als die Hälfte, nämlich 18, aufklären. Im Jahr 2011 waren es 47 Raubüberfälle auf Geldinstitute. Schüsse fallen sehr selten.
Freiheitsstrafe Sollte der Täter gefasst werden, droht ihm eine lange Haftstrafe. Das Strafgesetzbuch sieht einen Rahmen von fünf bis 15 Jahren vor. Gemäß Paragraf 143 erhöht er sich auf 20 Jahre, falls die Gewaltanwendung bleibende Schäden beim Opfer zur Folge hat. Stirbt ein Mensch, so kann gegen den Täter auch mit lebenslanger Haft vorgegangen werden.
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