Nach Betrugsfällen ist das Austria Center Vienna in die Schlagzeilen geraten. Mehr Kontrollen und fälschungssichere Stempel sollen das zukünftig verhindern
Ein Bus, der die Bürger zur Impfung transportiert, hält ohne Fahrgäste. Es ist generell sehr ruhig vor der Impf- und Teststraße im Austria Center Vienna (ACV). „Nehmen Sie bitte keine Impfpässe mit“, scherzt ein Ordner und spielt auf die jüngsten Betrugsfälle im ACV an. Ein lockerer Spruch, jedoch mit ernstem Hintergrund.
Seit Mai 2021 ermittelt die Polizei gegen fünf Mitarbeiter des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASBÖ). Der Vorwurf: schwerer Betrug, Urkundenfälschung und betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch. Konkret sollen Administratoren Impfpässe weitergegeben oder verkauft haben. Einige dürften die Impfpässe sogar an Familienangehörige weitergegeben haben. Kommt das Gespräch auf die Vorkommnisse, ist meist nur Kopfschütteln die Reaktion. „Natürlich steht dann unsere Arbeit im Schatten. Das ist für uns sehr belastend“, sagt ein Ordner.
Die ASBÖ-Mitarbeiter stehen derzeit im Fokus der Securitys, deren verstärkte Präsenz in jeder Ecke zu sehen ist. Wurden früher hier Kongresse organisiert, werden derzeit täglich bis zu 4.000 Personen geimpft.
Vor dem Stich müssen die Impflinge mit Administratoren sprechen – eine davon ist Elizabeta D. In der riesigen Halle voller Tische und Stühle kontrolliert sie die Unterlagen der Patienten. Bis zuletzt hatten die Administratoren freien Zugang zu Blanko-Impfpässen, was für heftige Kritik sorgte. Nun ist dies nicht mehr der Fall. „Die Impfpässe werden genau abgezählt und die Administratoren erhalten nur noch zehn Stück. Nachdem diese aufgebraucht sind, bekommen sie vom Supervisor weitere zehn Rohlinge“, erklärt ASBÖ-Sprecherin Stefanie Kurzweil.
Pickerl vor dem Piks
Außerdem kam es zu einer weiteren wichtigen Änderung: Die Pickerl mit den Chargennummern werden nicht mehr von den Administratoren in den Impfpass eingeklebt, sondern erst nach dem Stich von den Krankenpflegern.
Etwa von Jasmin. In der Kabine Nummer 29 erklärt sie Student Philipp, was er alles machen muss. Aus einer grünen Plastikschachtel nimmt sie die Spritze, während der Wiener seine Jacke auszieht und Platz nimmt.
„Achtung, jetzt kommt ein Stich“, sagt Jasmin und Sekunden später ist der Mann geboostert. Im Impfpass bekommt er von Jasmin ein „Impfpickerl“ und den fälschungssicheren Stempel, der seit einer Woche existiert. Was genau mit fälschungssicher gemeint ist, kann von offizieller Seite aus „Sicherheitsgründen“ nicht erklärt werden.
Jasmins Kollegen sind täglich mit „ein bis zwei Personen“ konfrontiert, die „bis zu 200 Euro“ für ein Impfzertifikat ohne Impfung anbieten. Bei solchen Fällen gibt es bei den Mitarbeitern nur eine Vorgehensweise: die Polizei verständigen.
Begleitet von den Blicken der Ordner führt der Weg nach der Impfung zum Warteraum. Mit entspannter Musik ist die Atmosphäre wie in einer Lounge-Bar. Nach 15 Minuten Wartezeit geht es weiter: Beim Ausgang wurde ein neuer Checkpoint eingerichtet. Hier werden Impfpässe kontrolliert und vorher in den Impfbögen aufgeklebte Barcodes gescannt. „Wenn man diesen Barcode nicht hat, dann hat man die erste Stufe bei der Administration nicht durchlaufen. Das wäre Betrug“, erklärt Kurzweil.
Taskforce
Nicht nur der ASBÖ will Betrugsfälle vermeiden. Auch die Stadt Wien hat reagiert und eine Taskforce ins Leben gerufen. Zusammen mit dem Bundeskriminalamt und der MA 15 (Gesundheitsdienst) sollen potenzielle Sicherheitslücken evaluiert und geschlossen werden, um Betrugsfälle zu vermeiden.
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