Wiener Anwälte-Präsident: "Habe auch schon oft Strafen gezahlt"

Wiener Anwälte-Präsident: "Habe auch schon oft Strafen gezahlt"
Michael Enzinger im KURIER-Interview über gekippte Corona-Regeln und einen Verhaltenskodex für Politiker.

Michael Enzinger wählt seine Worte genau. Nicht nur, weil er selbst als Rechtsanwalt in vielen Fällen jedes Wort auf die Goldwaage legen muss. Auch, weil für ihn als Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien das Ansehen des Berufsstandes wesentlich ist. Kollegen, die diesem Ansehen schaden, droht ein Disziplinarverfahren – eine Sanktion, die sich Enzinger auch für Politiker wünschen würde. Denn diese treiben dem sonst so gefassten Juristen durchaus die Zornesröte ins Gesicht.

Dagegen kann er die Aufregung rund um die Aufhebung der Corona-Verordnungen durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) nicht nachvollziehen.

KURIER: Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, wonach ein Großteil der Corona-Verordnungen verfassungswidrig waren, wurden bereits die ersten Klagen angekündigt. Hat die Regierung da tatsächlich schlampig gearbeitet?

Enzinger: Überrascht hat mich die Entscheidung des VfGH nicht. Es war ein kalkuliertes Risiko, dass nicht alles verfassungsrechtlich gedeckt ist. Der VfGH hat eine salomonische Lösung gefunden.

Was meinen Sie?

Wir stehen vor der Abwägung der Grundrechte zueinander. Das ist eines der diffizilsten Kapitel der Staatsrechtslehre. Eine solche Abwägung, noch dazu in einer echt krisenhaften Situation vornehmen zu müssen, ist sowohl rechtlich als auch politisch äußerst heikel. Ich würde niemandem einen Vorwurf machen, dass jetzt Dinge als verfassungswidrig erkannt worden sind.

Dennoch ärgern sich jene, die Strafen gezahlt haben.

Ich habe auch schon oft Strafen gezahlt, die mich geärgert haben.

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