Alter Dame ohne Grund Meißel in Rücken gerammt

Der Angeklagte Nikolaus Waas kann sich nicht erklären, „wieso ich derartig ausgezuckt bin. Ich habe die Frau nie zuvor gesehen.“
Aus Hass auf sein Leben stach Mann auf der Straße fremde Frau nieder. 16 Jahre Haft, nicht rechtskräftig.

Am 11. Oktober 2013 stand die 74-jährige Wienerin Anna N. in Ottakring vor einer Straßenbahnhaltestelle, "und auf einmal bin ich dagelegen." Sie habe gar nicht kapiert, was passiert ist, bis ihr ein Passant erklärte: "Sie haben da was im Rücken stecken."

Es handelte sich um einen Holzmeißel mit 11 cm langer Klinge, den ihr ein Mann mit voller Wucht durch drei Kleiderschichten hindurch in den Körper gerammt hatte. Hätte sie sich nicht wenige Tage zuvor eine dicke, gefütterte Lederjacke gekauft und an dem Tag angezogen, hätte sie wohl kaum überlebt, glaubt die alte Dame. Dieser Meinung ist auch die Staatsanwältin, die den 34-jährigen unterstandslosen Nikolaus Waas wegen Mordversuchs angeklagt hat.

Der Mann mit einer Tendenz zu unkontrollierbaren Wutausbrüchen hatte an dem Tag einen "Hass auf mich und mein Leben." Er wurde laut seinem Verteidiger nach einem schweren Unfall "aus der Lebensbahn geworfen", verlor Job und Wohnung, litt unter Schmerzen, die er mit Haschisch zu dämpfen versuchte. Er habe immer ein Seil mit Henkersknoten im Schlepptau und plane seit Langem, sich umzubringen.

"Und wie kommt Frau N. dazu?", fragt Richter Ulrich Nachtlberger. Warum er "derart ausgezuckt" ist und die Frau, die er nie zuvor gesehen hatte, mit dem Holzmeißel aus seinem Werkzeugkoffer attackiert hat, kann sich der Angeklagte nicht erklären.

"Holzmeißel, das klingt so beschönigend", wirft der Richter ein: "Nur der Griff ist aus Holz, die Klinge ist aus Stahl." Nach der Tat rief Waas selbst die Polizei und erklärte: "Ich habe eine Frau niedergestochen, nehmt mich fest." Er habe niemanden töten wollen, versichert er jetzt vor Gericht und redet sich auf den Joint aus, den er an dem Morgen geraucht habe. Möglicherweise habe man ihm in dem Lokal, in dem er das Haschisch kaufe, einen stärkeren Stoff hineingemischt. Laut einem chemischen Gutachten wurden aber in dem vom Angeklagten gehorteten Stoff keine ungewöhnlichen Substanzen gefunden.

Gefährlich

Dafür hat der Gerichtspsychiater paranoide Züge an Waas entdeckt, die den Mann gefährlich machen, weshalb abgesehen von der Strafe eine Einweisung angeraten wird.

Die 74-jährige Anna N. will den Angeklagten nicht sehen. Bevor sie als Zeugin aussagt, wird er abgeführt. Ob sie die Tatwaffe damals zu Gesicht bekommen habe? Am Abend habe sie sie im Fernsehen gesehen, das genüge ihr. Fünf Stunden sei sie operiert worden, "ohne zu wissen, ob ich durchkomme." Noch heute habe sie ein "mulmiges Gefühl", wenn ihr auf der Straße ein Fremder gegenübertrete. Und beim Bügeln habe sie Schmerzen. "In Pension waren Sie aber vorher schon", resümiert der Richter.

Urteil: 16 Jahre Haft und Einweisung, nicht rechtskräftig.

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