Ärzte: Häupl kann sich verpflichtende Wochenend-Dienste vorstellen

Ärzte: Häupl kann sich verpflichtende Wochenend-Dienste vorstellen
Zu wenige Kinderärzte - Volksanwaltschaft prüft Unterversorgung von Kindern. WGKK bei Wochenend-Dienstrad skeptisch.

In der Diskussion um monierte Engpässe in der kindermedizinischen Betreuung in Wien hat sich am Dienstag nun Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zu Wort gemeldet. Er kann sich für niedergelassene Fachärzte eine Verpflichtung zu Wochenend-Diensten durchaus vorstellen, sagte er in einer Pressekonferenz. Dies könnte in Kassenverträgen festgeschrieben werden.

"Es ist seit geraumer Zeit bekannt, dass es beispielsweise bei den Wochenend-Dienstzeiten von niedergelassenen Kinderfachärzten in Wien nicht so glänzend ausschaut", sagte Häupl. Er habe "den verfestigten Eindruck", dass Gebietskrankenkasse und Ärztekammer dieses Problem lösen müssten - was auch eine Entlohnungsfrage sei. Er, Häupl, werde aber sicher keine Vorgaben für Ärztegehälter machen: "Ich bin nicht Partner in diesen Verhandlungen."

Vergleich zum Apothekenbereich

Ärzte: Häupl kann sich verpflichtende Wochenend-Dienste vorstellen
Interview mit Bürgermeister Michael Häupl. Wien, 30.10.2014
"Was ich aber schon meine ist, dass man in Kassenverträge auch Rahmenbedingungen hineinschreibt", so der Stadtchef. Häupl zog den Vergleich zur Wochenend-Dienstregelung im Apothekenbereich. Er könne sich vorstellen, dass man in bestimmten Facharztbereichen ähnliche Regelungen treffen könnte, "dass am Wochenende eine bestimmte Anzahl an Kinderärzten ihre Praxis offen haben".

"Nicht ohne faire Neuregelung der Rahmenbedingungen für Wochenenddienste"

Einen ähnlichen Vorstoß in Richtung verpflichtende Öffnungszeiten am Wochenende im niedergelassenen Bereich hatte kürzlich schon Patientenanwalt Gerald Bachinger unternommen. Der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte, Johannes Steinhart, bekräftigte am Dienstag, dass die Kammer diesbezüglich durchaus gesprächsbereit sei - jedoch nicht "ohne faire Neuregelung der Rahmenbedingungen für Wochenenddienste". Darunter fallen für Steinhart etwa höhere Honorare, 300 zusätzliche Kassenstellen und eine flexiblere Vertretungsregelung für Ärzte.

Die Ärztekammer will über diese Punkte in einem für den 16. Februar anberaumten Termin mit der Wiener Gebietskrankenkasse reden, hieß es auf Nachfrage. Auch eine an die Apotheken-Raddienste angelehnte Lösung könne man diskutieren, sagte eine Sprecherin.

WGKK bei Wochenend-Dienstrad skeptisch

Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) hat sich am Dienstagnachmittag gegenüber verpflichtenden Wochenenddiensten für niedergelassene Ärzte bzw. einem entsprechenden Dienstrad - wie von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) angeregt - eher skeptisch gezeigt. Man müsse sich anschauen, ob es nicht sinnvollere und günstigere Lösungen gebe. Diskussionsbereit sei man aber jedenfalls.

"Das ist immer eine Frage des Preises", sagte Andreas Obermaier von der WGKK im APA-Gespräch. Insofern gelte es zu prüfen, ob es nicht bessere Alternativen gebe. Diese liegen für Obermaier in Gruppenpraxen oder in Primärversorgungszentren, wie sie die Gesundheitsreform vorsieht. In solchen Einrichtungen könnten sich die Ärzte besser als in Einzelordinationen in Sachen längere Öffnungszeiten abstimmen bzw. diese einfacher organisieren. Außerdem würden mehrere Angebote - etwa im Bereich Kindermedizin - an einem Standort zu finden sein.

Hintergrund

Nach der Aufregung um Engpässe in der kindermedizinischen Versorgung in Wien schaltete sich die Volksanwaltschaft ein. Es werde ein amtswegiges Prüfverfahren geben, hieß es am Dienstag in einer Aussendung. Unmittelbarer Anlass waren Aussagen des stellvertretenden Chefs des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Bernhard Wurzer, im Ö1-Morgenjournal.

"Wir haben ein sehr, sehr gutes System und wir jammern auf einem sehr, sehr hohem Niveau", hatte Wurzer gesagt und auf die im Vergleich zu München bessere kinderärztliche Wochenendversorgung in Wien verwiesen. SP-Volksanwalt Günther Kräuter wollte das nicht auf sich beruhen lassen. Wurzers Aussage "ist aus Sicht der Volksanwaltschaft keine adäquate Reaktion auf die offensichtliche kinderärztliche Unterversorgung".

Hauptverband und Ministerium werden geprüft

Kräuter will daher den Hauptverband und auch das Gesundheitsministerium in dieser Frage unter die Lupe nehmen. Ziel des Prüfverfahrens sei eine Analyse der Defizite und Probleme sowie rasche Reformen im Interesse der Kinder und Jugendlichen. Aus gesundheitspolitischer Sicht sei jedenfalls unabdingbar, dass flächendeckend genügend Kinderärzte sowohl wochentags als auch am Wochenende in Ordinationen erreichbar seien sowie ein kinderärztlicher Notdienst auch Hausbesuche mache.

"Eklatante Versorgungslücke"

Im Vorjahr hatte die Volksanwaltschaft in ihrem Bericht an das Parlament bereits auf die "eklatante Versorgungslücke" mit Fachärzten für die Kinderpsychiatrie hingewiesen. "Wir müssen leider davon ausgehen, dass bis zu 200.000 Kinder und Jugendliche in Österreich von psychiatrischen Störungen betroffen sind, demgegenüber fehlen Hundertschaften an ausgebildete Fachärztinnen und Fachärzten," so Kräuter. Die Volksanwaltschaft fordert eine Lockerung des 1:1 Ausbildungsschlüssels, damit ein ausreichendes Versorgungsangebot für dringend psychisch behandlungsbedürftige Kinder und Jugendliche sichergestellt werden könne.

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