86-Jährige im Altersheim missbraucht: 32 Monate Haft für 29-Jährigen
Ein 29-Jähriger ist Dienstagnachmittag im Wiener Straflandesgericht zu 32 Monaten Haft verurteilt worden, weil er im Vorjahr in einem Altersheim eine 86-jährige Frau vergewaltigt haben soll. Der Beschuldigte konnte sich an die Tat nicht mehr erinnern, nach dem Konsum von Alkohol und Drogen glaubte ihm das Schöffengericht, dass er die Straftat im Zustand der vollen Berauschung begangen habe
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger Roland Friis erbaten sich drei Tage Bedenkzeit.
In der Sache wurde bereits einmal im Straflandesgericht verhandelt. Der damals auf Begehung einer Straftat im Zustand der vollen Berauschung lautende Strafantrag wurde allerdings verworfen, die zuständige Richterin fällte im vergangenen April ein Unzuständigkeitsurteil. Sie zweifelte am von der Staatsanwaltschaft angenommenen Vollrausch, der sich für den Angeklagten im Fall einer Vergewaltigung günstiger ausgewirkt hätte. Nun wurde vor Schöffen verhandelt, den Vorsitz leitete Martina Hahn.
Alkohol, Kokain
Das Schöffengericht schenkte dem 29-Jähren allerdings Glauben, dass er nach dem Konsum von Alkohol, Kokain und sogenannten Happy Pills keine Erinnerung mehr an die Tat hatte. Der Beschuldigte konnte sich die Übergriffe auf die betagte Frau nicht erklären. "Ich war geschockt", sagte der Mann. Bei Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer beschrieb der Angeklagte seinen Zustand, dass er immer wieder Gedächtnislücken nach der Tatnacht aufwies. Der Beschuldigte beschrieb daraufhin das Aussehen der zwei Pillen, die er von einem Schwarzafrikaner gekauft haben will. Demnach könnten die runden, blauen Pillen nicht die gewünschten Happy Pills - also Alprazolam, ein Arzneistoff aus der Gruppe der Benzodiazepine - gewesen sein, sondern das Medikament Dormicum, das normalerweise Patienten vor einer Narkose verabreicht wird. Beide Pillen würden sich vom Aussehen ähnlich sein, meinte Dantendorfer in seinem Gutachten.
Allerdings würde Dormicum nicht glücklich machen, sondern eine anterograde Amnesie verursachen, laut Beipackzettel käme es auch zu Tätlichkeiten, Aggressionen und unsachgemäßem Verhalten. Da die Wirkung jedoch nach drei Stunden wieder nachlasse und es schnell vom Körper abgebaut werde, sei es bei dem 29-Jährigen nicht mehr nachweisbar gewesen. "Wenn es wahr ist, was er uns sagt, dann hat hier sehr rasch ein Zustand der Verwirrung eingesetzt", sagte Dantendorfer.
Das außergewöhnliche Verbrechen hatte sich in der Nacht auf den 13. August 2015 abgespielt. Weil es nach einem hochsommerlichen Tag nicht abgekühlt hatte, öffnete die 86-Jährige ihr Fenster, ehe sie eine Schlaftablette zu sich nahm und sich hinlegte. Sie schreckte auf, als sich plötzlich ein Unbekannter an ihr zu schaffen machte. Sie wehrte sich nach Kräften, worauf der Mann mit Gewalt den Geschlechtsverkehr erzwingen wollte, indem er die Frau schlug und würgte.
Sie brachte den Täter schließlich dazu, von ihr abzulassen, indem sie ihm Geld anbot. Der Mann ergriff die Banknoten und verließ mit 80 Euro über das Fenster den Tatort. "Sie hat mir das Geld hingehalten, ich hab es eingesteckt und gefragt, was los ist, warum sie blutet. Ich habe gedacht, sie ist gestürzt. Ich kann mich an das vorher nicht erinnern", meinte der 29-Jährige, der seinem Opfer auch 10.000 Euro Schmerzengeld zahlen muss.
Baseball-Kappe verloren
Festgenommen wurde der 29-Jährige, weil der Flüchtende vor dem Heim seine Baseball-Kappe verloren hatte. Bei einem Abgleich der DNA-Spuren mit dem Material, das der Täter an der Innenseite des Nachthemds der 86-Jährigen hinterlassen hatte, ergab sich ein Treffer in der DNA-Datenbank. Der 29-Jährige - ein gelernter Bürokaufmann, Vater einer kleinen Tochter und regelmäßig in bekannten Clubs als DJ tätig - weist mehrere Vorstrafen auf.
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