42 Jugendliche aus U-Haft befreit

Das soziale Netz entwirft Ausstiegspläne. (Archivbild)
Sozialnetz-Konferenz. Ausweitung und 1. Preis für soziale Innovation.

Mit 16 hat Samir gekifft, Spielautomaten gefüttert und – in seiner Sprache – "auf alles geschissen." Dann kam er wegen eines versuchten Handtaschenraubs ins Gefängnis. So wie damals rund 120 andere Jugendliche. Binnen zwei Wochen holte ihn der Bewährungshilfe-Verein Neustart mit dem Modell Sozialnetz-Konferenz aus der U-Haft. Das war im Sommer 2013, und seither geht es in Samirs Leben bergauf: Der als Vierjähriger mit Familie aus Algerien nach Österreich geflüchtete Bursch geht zur Berufsschule, hat einen Lehrplatz als Hotelfachkraft – und hält alle Termine pünktlich ein. Sein erster Weg in Freiheit hatte Samir nämlich in die Papierhandlung geführt, wo er sich einen Kalender kaufte.

Im Urwald

Der KURIER berichtete vor einem Jahr über den Fall des heute 18-Jährigen. Damals war die Sozialnetz-Konferenz ein auf wenige Standorte beschränktes Pilotprojekt. Nun wird es – vom Justizministerium finanziert – auf ganz Österreich ausgedehnt. "Wir gehen in diesen Urwald U-Haft hinein und erstellen einen Zukunftsplan, den der Jugendliche abarbeiten muss", sagt Neustart-Geschäftsführer Christoph Koss: Mütter, Geschwister, Onkel, Lehrer werden mobilisiert, jeder ist für eine konkrete Hilfestellung zuständig; das hauptsächliche Engagement muss von den Jugendlichen selbst kommen. 42-mal führte der Plan bisher in die Freiheit, zuletzt bei dem 14-jährigen mutmaßlichen Dschihadisten in St. Pölten, der sich Bombenpläne aus dem Internet besorgte. Inzwischen sitzen "nur" noch 90 Jugendliche hinter Gittern. Der Präsident des Wiener Straflandesgerichts, Friedrich Forsthuber, kann sich eine Ausweitung der "Soneko" (wie Samir die Sozialnetz-Konferenz nennt) auf junge Erwachsene (bis 21) und später auch auf erwachsene U-Häftlinge vorstellen.

Das Modell hat heuer den 1. Preis für soziale Innovation der SozialMarie (www.sozialmarie.org) bekommen, die seit neun Jahren herausragende Projekte auszeichnet. Die Journalistin Barbara van Melle ist Jurymitglied und hat Samir interviewt. "Die Soneko hat mir gezeigt, ich habe eine Familie und Menschen, die zu mir stehen – das ist das Wichtigste im Leben", sagt er.

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