24-Stunden-Betreuung mit großen Qualitätslücken

Rund 30.000 Österreicher nahmen 2021 eine 24-Stunden-Betreuung in Anspruch. Darauf lässt sich anhand der Daten zur Vergabe der Fördermittel schließen. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren waren es noch um rund 1.000 weniger.
Trotz des stetig steigenden Bedarfs lässt die Quali-tät der Betreuungsangebote nach wie vor sehr zu wünschen übrig. Das kritisieren die Neos und berufen sich auf die Beantwortung einer aktuellen parlamentarischen Anfrage durch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Sie liegt dem KURIER vor.
Die darin enthaltenen Daten zeichnen ein sehr ernüchterndes Bild vom Zustand der heimischen 24-Stunden-Betreuung: Seit der Einführung Anfang 2019 wurde das Qualitätszertifikat für Betreuungsagenturen erst in 42 Fällen (nach 51 Anträgen) vergeben. „Von mehr als 59.000 Betreuerinnen und Betreuern mit Gewerbeschein arbeiten nur 18 Prozent bei kontrollierten Agenturen“, rechnet die Neos-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler vor.

Freiwillige Maßnahme
Zur Erklärung: Bei dem Zertifikat handelt es sich um eine Qualitätssicherungsmaßnahme auf freiwilliger Basis. Vermittlungsagenturen können damit unter Beweis stellen, dass sie – über die gesetzlichen Anforderungen hinaus – höhere Standards erfüllen. Zum Beispiel durch die Verpflichtung, in regelmäßigen Abständen (mindestens einmal im Quartal) eine Qualitätssicherung durchzuführen und für einen Notfallplan zu sorgen.
Für Fiedler besteht angesichts der Zahlen dringender Handlungsbedarf: „Viele Betreuerinnen werden immer noch in die Scheinselbstständigkeit gedrängt und ausgebeutet. Ohne verpflichtende Qualitätsstandards und Kontrollen bleibt die Situation in der 24-Stunden-Pflege für die Pflegenden und die Gepflegten gleichermaßen prekär“, betont die pinke Nationalrätin. Es brauche also langfristig ein verpflichtendes Zertifikat für alle Betreuungsfirmen.

Fiona Fiedler (Neos)
Der Bundesregierung wirft sie Säumigkeit in diesem so sensiblen Bereich vor: „In den Ankündigungen der Regierung zur Pflegereform wurde die 24-Stunden-Betreuung völlig ausgeklammert. Dieser Stillstand ist angesichts des Pflegenotstandes weder nachvollziehbar noch hinnehmbar“, sagt Fiedler. „Wir müssen endlich ein klares Berufsbild schaffen und dafür sorgen, dass die Menschen darauf vertrauen können, dass sie oder ihre Angehörigen in den allerbesten Händen sind.“
Gesundheitsminister Johannes Rauch verweist in der Anfrage-Beantwortung darauf, dass die im Mai beschlossene Pflegereform sehr wohl auch die Weiterentwicklung der 24-Stunden-Betreuung umfasse.
„Seit einiger Zeit finden im Ministerium Gesprächsrunden hinsichtlich der weiteren Qualitätssicherung statt“, betont der Minister. Dieser Austausch sei zuletzt unter anderem mit Vertretern von Wirtschafts- und Arbeiterkammer, Trägerorganisationen, Vermittlungsagenturen und Interessensgemeinschaften erfolgt.
Teuerungsausgleich
Angesichts der Teuerung plane man zudem eine Anhebung der Zuwendungsbeträge. Konkret will der Bund für eine Valorisierung im Bereich der 24-Stunden-Betreuung jährlich 16 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Derzeit führe man Abstimmungsgespräche mit den Ländern.
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