Yücel muss Strom in türkischer Zelle selbst bezahlen

Yücel muss Strom in türkischer Zelle selbst bezahlen
Seit seiner Festnahme am 14. Februar sitzt der "Welt"-Korrespondent in Einzelhaft.

Der in der Türkei inhaftierte deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel muss seine Stromrechnung für die Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Silivri nach eigenen Angaben selbst bezahlen. "Einmal im Monat kommt die Rechnung", sagte Yücel der Wochenendausgabe der "taz". Yücel schilderte in dem Interview nicht ohne Humor weitere Umstände seiner Untersuchungshaft. Seit seiner Festnahme am 14. Februar sitzt der "Welt"-Korrespondent in Einzelhaft.

Yücel muss Strom in türkischer Zelle selbst bezahlen
ABD0144_20170303 - Eine Frau demonstriert mit einem Schild "Wem Erdogan nicht passt, der landet ganz einfach im Knast" am 03.03.2017 auf dem Kernerplatz in Stuttgart (Baden-Württemberg) in der Nähe des türkischen Konsulats für die Freilassung des Journalisten Deniz Yücel. Über 200 Menschen waren am Freitagnachmittag zusammen gekommen um für die Freilassung Yücels aus türkischer Untersuchungshaft zu demonstrieren. Foto: Lino Mirgeler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Nur der Dampf bleibt

Aufseher schließen in der Früh eine Tür zu dem kleinen Innenhof vor seiner Zelle auf und abends wieder zu, wie Yücel der "taz am Wochenende" berichtete. "Wenn ich mir aus den wöchentlichen Einkäufen im Knastladen etwas Warmes zu essen zubereiten oder das Gefängnisessen aufbessern möchte, bleibt mir nur der Dampf aus dem Wasserkocher und ein Gurkenglas", sagte der Journalist. Spatzen, die ihr Nest in der Sicherheit des Gefängnisses gebaut hatten, seien ausgeflogen, als die Brut groß genug war. "Die sind ja nicht doof, die Spatzen."

"Terrorpropaganda und Volksverhetzung"

Seine Zellennachbarn, meist ehemalige Richter und Polizeioffiziere, könnten wenigstens für eine Stunde in der Woche Sport zusammen treiben. Er dagegen sei auch beim Fußballspielen allein. "Vorteil: Ich verlasse den Platz stets als Sieger - könnte auch für den HSV oder die türkische Nationalmannschaft ein interessantes Modell sein", sagte Yücel. Kontakt hat der Journalist demnach nur zu einem Mithäftling, einem Richter in der Nachbarzelle, "mit dem ich mich brüllend von Hof zu Hof unterhalten kann, ohne dass wir uns je sehen würden". Der Mann habe zwölf Monate auf seine Anklageschrift gewartet und weitere vier auf die Prozesseröffnung. Die "taz" führte das Interview mit Yücel nach eigenen Angaben schriftlich über seine Anwälte.

Die türkischen Behörden werfen Yücel "Terrorpropaganda und Volksverhetzung" vor, eine Anklageschrift liegt bis heute nicht vor. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete ihn wiederholt als deutschen "Spion" und "Agenten" der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Außer Yücel sitzen acht weitere Deutsche nach Angaben des Auswärtigen Amtes aus politischen Gründen in der Türkei in Haft.

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