Wir erzeugen neue Treibhausgase

Wir erzeugen neue Treibhausgase
Das jüngst entdeckte PFTBA ist klimaschädlich, aber selten. Entwarnung ist das trotzdem keine.

Diesen Namen wird man sich merken müssen: Perfluortributylamin, kurz PFTBA. Er wurde jüngst von Forschern der kanadischen Universität Toronto als ein Gas identifiziert, das für den Treibhauseffekt und damit die Erderwärmung mitverantwortlich sein soll.

Wobei: Mitverantwortlich scheint, so der aktuelle Forschungsstand, untertrieben. PFTBA ist in der Atmosphäre extrem langlebig und hat das Potenzial, alle anderen klimawirksamen Treibhausgase in den Schatten zu stellen. „Über einen 100-Jahres-Zeitraum berechnet, hat ein einziges Molekül PFTBA die selbe Klimawirkung wie 7100 Moleküle CO2“, sagte Angela Hong. Sie hat am Forschungsprojekt mitgearbeitet. Die Studie wurde von der Natural Sciences and Engineering Research Council of Canada finanziert und in „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht.

PFTBA ist keine Unbekannte. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Chemikalie in der Elektronik-Industrie verwendet, sie kommt in der Natur nicht vor. Aber sie wird laut Berechnungen der kanadischen Wissenschaftler für mindestens 500 Jahre in der Atmosphäre bleiben, ehe sie sich in höheren Sphären verdünnt. Bisher ist keine Substanz bekannt, mit der das Gas neutralisiert werden kann. Die Forscher kündigten eine ausführliche Studie an, in der die Folgen von PFTBA auf das Klima tiefergehend untersucht werden soll.

100 unterschiedlich klimaschädliche Gase entlässt der Mensch mittlerweile in die Atmosphäre. Das Schlimmste von allen ist Kohlendioxid. „Das ist der Elefant unter den Treibhausgasen“, sagt Klaus Radunsky vom Umweltbundesamt. PFTBA sei zwar extrem klimaschädlich, aber nur in Spuren nachweisbar. „Das Global-warming-Potenzial, der Beitrag eines Treibhausgases zur Erwärmung, ist eine Maßeinheit, um die Effekte und Stärken der verschiedenen Treibhausgase vergleichen zu können“, sagt Studienautorin Cora Young.

„Richtig, das Einzelmolekül des künstlichen Gases ist viel wirksamer als CO2“, sagt die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb. Berechnet man aber die Mengen ein, komme man auf eine Wirksamkeit von PFTBA von 1/300.000 von CO2. „Das eigentliche Übel ist nicht dieses Gas, sondern immer noch das CO2.“ Was die neuen Forschungen aber zeigen: Wir verwenden viel zu viele Stoffe, deren Auswirkungen wir nicht abschätzen können.

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In der Abfolge der Klimaschädlichkeit führt also Kohlendioxid, das für 60 Prozent des von Menschen verursachten Treibhaus-Effektes verantwortlich ist, gefolgt von Methan und Aerosolen (Schwebeteilchen). Erst dann kommen Chlorkohlenwasserstoffe, inklusive des stratosphärischen Ozons, schließlich folgt Lachgas.

Aufgrund der immer leistungsfähigeren Messtechnik rechnet Klimaforscher Klaus Radunsky mit weiteren Entdeckungen von klimawirksamen Industriegasen. „Wir finden Verbindungen in geringsten Konzentrationen, die wir früher nicht gefunden hätten.“

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