Warum uns Google Maps belügen muss
Schaut ja gar nicht so weit aus." Wer schon mal in einem Atlas oder in einem der zahllosen Online-Kartendienste eine Reiseroute geplant hat, kennt das vielleicht. Selbst unter Rücksichtnahme auf den enorm verkleinerten Maßstab, erscheinen Distanzen - verglichen mit jenen bekannten Wegen, wie etwa Wien-Salzburg, die das Gehirn dann für gewöhnlich zum Vergleich heranzieht - meist wenig beeindruckend.
Weiter als man denkt
So erklärt sich etwa auch die Beispielkarte von Google Maps (siehe Grafik). Auf dieser sind Deutschland, Brasilien und Tansania eingezeichnet. "Straßen, Wege etc. stehen selbst bei starker Vergrößerung im richtigen Winkel zueinander. Eine der wichtigsten Funktionen bei solch webbasierten Kartendiensten ist Routenplanung/Navigation. Die korrekte Lage von etwa Flüssen oder Gebirgszügen zueinander ist dabei die wichtigste Basis für korrekte Ergebnisse der Darstellung einer Route von Punkt A nach Punkt B", erklärt Kartograph Thomas Huber die Intention der Anbieter, teilweise dramatische Unterschiede zu den tatsächlichen Abmessungen der Länder in Kauf zu nehmen.
Schneidet man in der Grafik weiter unten Deutschland aus, so passt es von der Größe fast genau auf Tansania und knapp zwölf Mal in Brasilien. Tatsächlich jedoch ist Tansania drei Mal und Brasilien gar fast 25 Mal so groß wie die Bundesrepublik. Fußball-WM-Touristen dürfen sich also schon jetzt auf Langstrecken-Reisen zwischen den Spielorten einstellen.
Treueeigenschaften
Aber zurück zur (Papier-)Karte. Nur abwickelbare Flächen wie Zylinder oder Kegel erlauben es, verzerrungsfrei auf eine Ebene projiziert zu werden. In der Kartographie unterscheidet man daher im Wesentlichen drei Kartenarten: Flächentreue, Abstandstreue und Winkeltreue. Gleichzeitig können alle Eigenschaften niemals erfüllt werden. Hinzu kommt, dass die Verzerrungen mit der Größe der dargestellen (Erdober-)Fläche noch zunehmen.
Doch auch hierfür bietet die Wissenschaft Lösungen. "Weltkarten verwenden heute meist eine Winkel-Tripel-Projektion, da sie als gelungenster Kompromiss zwischen Winkel- und Flächenträue gilt," erklärt Huber. Nautische Karten würden dagegen fast ausschließlich auf die sogenannte Mercator-Projektion setzen - die auch bei Google Maps Anwendung findet - zumal sie gestattet Kurslinien auch über große Distanzen als gerade Linien darzustellen.
Streitfrage
Wer, wann und warum, welche Projektionsart verwendet oder verwenden soll, darüber herrscht in der Wissenschaft seit Jahrhunderten Uneinigkeit bzw. hängt diese heute stark von ihrem Verwendungszweck ab.
Kritiker werfen der winkeltreuen Mercator-Projektion - sie lässt Länder in den gemäßigten Breiten der Nord- und Südhalbkugel "größer" erscheinen" - jedoch "Eurozentrismus" vor, weshalb in den folgenden Jahrhunderten auch andere Projektionsarten Anwendung fanden.
Karten-Typen im Kurzüberblick
Fehlende Längentreue: Auf der unten dargestellten Karte entspricht die Strecke vom Tschadsee bis zum Victoriasee fast exakt jener Strecke zwischen Berlin und Istanbul. Das Problem: Die Distanz zwischen den beiden Seen beträgt 2620 Kilometer, während man von Berlin nach Istanbul nur rund 1730 Kilometer zurücklegen muss.
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