Viel Stillstand beim Klimagipfel

Viel Stillstand beim Klimagipfel
Gipfel Rio+20: Keine Durchbrüche, keine fixen Zeitpläne. Aktivisten sprechen von einem "kolossalen Scheitern".

Die Besteigung des Rio+20-Gipfels in Brasilien endet im Basislager." So drastisch bilanzierte die Umweltschutzorganisation WWF Deutschland das Ergebnis des großen Nachhaltigkeitstreffens von mehr als 100 Staats- und Regierungschefs, das in der Nacht zu Ende ging: "Ein Gipfel der Schande für kommende Generationen."

"Rio hat uns der Zukunft, die wir möchten, nähergebracht. Jetzt müssen wir uns auf die konkrete Umsetzung konzentrieren", meinte hingegen EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. Es sei unfair, "zu sagen, der Text habe keine guten Elemente". In Summe sei es aber "kein gutes Ergebnis", räumte der Slowene ein.

Staatssekretär Wolfgang Waldner, der Österreich in Rio vertrat, sprach von einem "internationalen Interessenausgleich", der natürlich nur ein Kompromiss sei. Der Gipfel biete aber die "Basis für weitere Prozesse zur nachhaltigen Entwicklung".

Eines war aus den widersprüchlichen Aussagen der Teilnehmer klar herauszulesen: Von Euphorie und Aufbruchstimmung unter dem Zuckerhut gab es keine Spur, stattdessen herrschte mehr oder weniger diplomatisch verbrämter Frust.

Protest der NGOs

"Keine Ziele, keine verbindlichen Fristen, keine V­isionen", konstatierten die Nichtregierungsorganisationen. In einem ungewöhnlichen Schritt forderten ihre Sprecher sogar, die üblicherweise angeführte Mitwirkung der Zivilgesellschaft aus der Abschlusserklärung zu streichen. Die brasilianische Verhandlungsführung habe sie erst kontaktiert, nachdem bereits alles festgelegt worden sei. Viele empörte Aktivisten gaben aus Protest ihre Zulassungen zurück.

Einer der Hauptkritikpunkte der Aktivisten war, dass keinerlei Änderungen bei der Subvention fossiler Brennstoffe (Öl, Kohle, Gas) vereinbart wurden. Dafür würden jährlich weltweit mehr als 600 Milliarden Dollar ausgegeben, für nachhaltige Entwicklung hingegen fehle es an Geld.

"Realitätsverlust"

Martin Kaiser, Leiter der Klimapolitik von Greenpeace, sagte dazu: "Der Rio-Gipfel offenbart einen erschreckenden Realitätsverlust unserer Politiker." Sie würden der ökologischen und sozialen Weltkrise nicht annähernd soviel Dringlichkeit beimessen bei wie der Finanzkrise.

Vor allem von politischer Seite positiv gewertet wurde das allgemeine Bekenntnis zur Green Economy. Die Berücksichtigung der begrenzten Ressourcen des Planeten im Produktionsprozess wurde als anzustrebendes Ziel formuliert – allerdings ohne Verbindlichkeit.

In der etwa 50-seitigen Abschlusserklärung bekannten sich die Teilnehmer weiters zu einer Stärkung des UN-Umweltprogramms und zur Entwicklung von Nachhaltigkeitszielen bis 2015. Einzelne Länder setzten allerdings konkrete Zeichen: So will Großbritannien als erstes Land der Erde mehr als 1000 britische Unternehmen verpflichten, ihren ökologischen Fußabdruck zu messen. Brasilien plant ein Programm zum dauerhaften Schutz von 400.000  Regenwald. Und acht große Entwicklungsbanken wollen 150 Milliarden Euro in den öffentlichen Verkehr stecken.

Ungeachtet aller Kritik bewertete UN-Generalsekretär Ban Ki-moon das Ergebnis von Rio als Fortschritt: "Das ist ein Dokument, das sehr ehrgeizig und praktisch für die nachhaltige Entwicklung ist."

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