Drei vermisste Frauen nach Jahren lebend gefunden
Drei vor rund zehn Jahren verschwundene Frauen sind in den USA lebend in einem Haus in Cleveland im Bundesstaat Ohio gefunden worden. Drei Brüder zwischen 50 und 54 Jahren wurden nach Polizeiangaben vom Montag festgenommen. Zwei der Frauen waren noch Teenager, als sie letztmals gesehen wurden.
Ein Nachbar wurde am Montagnachmittag auf den Fall aufmerksam, als er eine der Frauen schreien hörte, während sie versuchte, die Tür des Hauses zu öffnen.
"Ich werde seit zehn Jahren vermisst. Ich bin frei."
Nachbar Charles Ramsey verspeiste auf seiner Veranda einen Hamburger, als die 26-jährige Amanda Berry im Nachbarhaus um Hilfe schrie und verzweifelt aus einem Spalt an der Tür winkte. Ramsey, der seit einem Jahr in dem von Latinos bewohnten Viertel in Cleveland lebt, dachte, dass es sich um häusliche Gewalt handelte, holte einen anderen Nachbarn zu Hilfe und trat den unteren Teil der Tür ein. Amanda Berry kletterte mit einem kleinen Mädchen durch das Loch ins Freie. Die sechsjährige Tochter hat sie während ihrer Gefangenschaft auf die Welt gebracht.
Nervenaufreibende Minuten folgten, als Amanda Berry vom Nachbarhaus aus die Polizei rief: „Helft mit, ich bin Amanda Berry. Ich bin entführt worden und werde seit zehn Jahren vermisst. Und ich bin hier, ich bin jetzt frei.“ Am anderen Ende der Leitung wird das Routineprogramm abgespult: Welche Kleidung der Entführer anhabe? Berry: „Ich hab keine Ahnung, er ist nicht hier, deswegen bin ich auch entkommen“. Die Polizei rät ihr, zu bleiben, wo sie ist. Man werde einen Wagen vorbeischicken, sobald einer zur Verfügung stehe. Amanda Berry ist auf den Mitschnitten des Polizeinotrufs, den die US-Fernsehsender ausstrahlten, jetzt panisch und verzweifelt: „Ich brauche Sie jetzt, weil er zurückkommt.“
Wenige Minuten stürmte die Polizei das Haus und befreite auch Gina DeJesus und Michele Knight. Alle drei seien "anscheinend bei guter Gesundheit", erklärte die Polizei.
Drei Brüder gefasst
Drei Verdächtige, Ariel Castro (52) und seine Brüder Pedro (54) und Uxx (50), sind in Haft. Ariel Castros Nachbarn rätseln, wie es ihm gelungen war, die drei jungen Frauen vor ihnen zu verbergen. Ein unerwartetes Happy End in einem Fall, der an die Causa Natascha Kampusch erinnert.
Die Bundespolizeibehörde FBI durchsuchte das Haus in der Seymour Avenue, in dem die Frauen festgehalten wurden. Es liegt in einer von vielen Latinos bewohnten Gegend in Cleveland, weniger als einen Kilometer von den Häusern der Familien von Berry und DeJesus entfernt. Ariel Castro ist ein ehemaliger Schulbusfahrer. Er soll seit 1992 in dem Haus wohnen.
Fall im Vorjahr wieder aufgenommen
Die Details der jahrelangen Gefangenschaft der drei Frauen waren zunächst noch unklar. Weitere Informationen werden bei einer Pressekonferenz der Polizei erwartet, die für Dienstag angekündigt ist.
Die Opfer wurden nach ihrer Befreiung in einem Krankenhaus in Cleveland behandelt. Es gehe ihnen gut, sagte Dr. Gerald Maloney, ein Arzt in der Notaufnahme des Metro Health Medical Centers. "Normalerweise gehen solche Geschichten anders aus, daher sind wir sehr froh für sie." Der Schwager von Berry sagte in einem Fernsehinterview, Berry habe während ihrer Gefangenschaft ein Kind zur Welt gebracht.
Erleichterung
Hunderte Schaulustige versammelten sich in Cleveland in der Nacht auf Dienstag in der Nähe des Tatorts und vor dem Krankenhaus. Die Erleichterung über den unerwarteten guten Ausgang dieser Vermisstenfälle war groß. Lokale Medien hatten auch nach Jahren immer wieder über die Vermissten Berry und DeJesus berichtet. "Ich bin überwältigt. Es ist ein Segen", sagte die Aktivistin Judy Martin dem Sender ABC News Channel 5. Sie hatte sich jahrelang an Aufrufen und Suchaktionen beteiligt.
Für Berrys Mutter kommt die glückliche Nachricht zu spät. Louwanna Miller sei im März 2006 "an gebrochenem Herzen" gestorben, sagte eine Freundin der Familie CNN. Berrys Cousine Tasheena Mitchell berichtete, sie habe sich im Krankenhaus persönlich von der Befreiung überzeugen müssen. "Sie war meine beste Freundin", sagte die 26-Jährige dem Plain Dealer. Eine Freundin unterbrach sie: "Sie ist deine beste Freundin. Sie lebt."
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