Der Hurrikan, der sich nicht an die Prognose hielt

Fort Lauderdale: Ein Baum blockiert die Straße
Schwere Verwüstungen in Kuba / Orkan traf überraschend Tampa, das nicht vorbereitet war.

Meteorologen waren eigentlich davon ausgegangen, dass Havanna in Kuba und Tampa in Florida nicht oder nicht sehr von Hurrikan Irma betroffen sein würden. Die kubanische Hauptstadt steht jetzt unter Wasser, bis zu elf Meter hohe Wellen peitschten über die Kaimauer. Und in Tampa trat eine gespenstische Ruhe ein – das Meer zog sich in dieser Traumbucht, an der vier Millionen Menschen leben, vollkommen zurück. Man nennt dieses Phänomen "Negativ-Flut". Danach drohen Sturmfluten, die am Montag erwartet wurden.

"Eins auf die Fresse"Bob Buckhorn, der Bürgermeister von Tampa, erfuhr erst am Samstag, dass seine Stadt im Zentrum des Hurrikans liegen würde. Da hatten die Meteorologen gerade ihre Prognosen für die Route von Irma geändert – um einige Hundert Kilometer weiter nach Westen. Nach Tampa.

Buckhorn versuchte sich in Galgenhumor. Im Fernsehen zitierte er den ehemaligen Boxweltmeister Mike Tyson: "Jeder hat so lange einen Plan, bis er eins auf die Fresse bekommt. Und wir sind gerade dabei, eins mitten in die Fresse zu bekommen."

Tampa war schlecht vorbereitet, und die Menschen waren unbesorgt, denn der letzte Hurrikan kam 1921. Dabei gehört Tampa zu den am schnellsten wachsenenden US-Bevölkerungszentren. Angelockt von der Bucht, dem Klima und den guten wirtschaftlichen Möglichkeiten siedeln sich rund 60.000 Menschen pro Jahr hier an. Entsprechend rasant wurden die Grundstücke entlang des Wassers bebaut. Flut- und Abwassersysteme hielten nicht mit.

Dazu kommt, dass der republikanische Gouverneur von Florida, Rick Scott, allen Angestellten des Staates verboten hat, das Wort Klimawandel in der offiziellen Kommunikation zu verwenden.

Vermutlich gut geht es indes dem Haus der Familie Dolleschal, über die der KURIER die vergangenen Tage mehrfach berichtet hat. "Wir haben alles über die lokale Wetterstation mitverfolgt und sind ziemlich erleichtert", sagt Barbara Dolleschal. Das Lager mit der Zotter-Schokolade war nicht einmal eine Stunde ohne Strom. "Es scheint, dass wir verglichen zu dem, was passieren hätte können, Glück hatten. Wie es genau zu Hause und im Büro aussieht, wissen wir aber noch nicht." Sie wollen so rasch wie möglich heim.

Schließlich kam es bereits zu Plünderungen in den evakuierten Gebieten. 5,8 Millionen Haushalte sind ohne Strom und es könnte Tage dauern, bis sie wieder ans Netz angeschlossen werden können. Mit welcher Urgewalt Irma wütete, zeigt der Vergleich mit anderen Hurrikans (siehe Grafik). In Kuba verloren zehn Menschen ihr Leben, in Florida fünf. Der Sturm ist vorbei und zieht abgeschwächt Richtung Georgia. Doch das Ausmaß der Schäden wird erst in einigen Tagen bekannt sein. US-Präsident Donald Trump will so schnell wie möglich nach Florida reisen.

ORF-Reporter Robert Uitz berichtet aus Miami

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