Todkranke Brittany Maynard nahm sich das Leben

"Heute ist der Tag, den ich gewählt habe, um in Würde von euch zu gehen", schrieb die 29-Jährige am Sonntag.
Die junge Frau löste mit ihrem Gang an die Öffentlichkeit eine Sterbehilfe-Debatte in den USA aus.

Die krebskranke Amerikanerin Brittany Maynard (29) hat sich wie öffentlich angekündigt das Leben genommen. Dies bestätigte eine Sprecherin der Sterbehilfe-Organisation "Compassion & Choices", die sie unterstützte.

Ärzte hatten Maynard, die an einem aggressiven Gehirntumor litt, im April noch sechs Monate zu Leben gegeben. Sie zog nach der Diagnose nach Oregon, und damit in einen von fünf der 50 US-Staaten, der die Sterbehilfe erlaubt. In Oregon erlaubt der "Death with Dignity Act" (Gesetz für ein würdevolles Sterben), dass Ärzte unheilbar kranken Patienten nach ausgiebiger Prüfung eine tödliche Medikamentendosis verschreiben dürfen.

Nachruf

Die Organisation veröffentlichte einen Nachruf Maynards auf deren Internetseite. Ob sie am Sonntag oder bereits am Samstag starb, konnte die Sprecherin zunächst nicht sagen.

Maynards Gang an die Öffentlichkeit fand großen Widerhall in den US-Medien. Kritik kam vor allem aus dem Lager der religiösen Rechten.

"Heute ist der Tag, den ich gewählt habe, um in Würde von euch zu gehen", schrieb die 29-Jährige am Sonntag in einer Mitteilung, die in sozialen Netzwerken im Internet verbreitet wurde. "Dieser furchtbare Gehirntumor hat mir schon so viel genommen, aber er hätte noch so viel mehr genommen", schrieb die todkranke Frau. Sie wolle daher all ihren lieben Freunden und ihrer Familie Aufwiedersehen sagen.

Wo Sie Hilfe finden

Telefonseelsorge (bundesweit), 142, www.telefonseelsorge.at

Rat auf Draht (bundesweit, für Kinder und Jugendliche), 147, www.rataufdraht.orf.at

Vergiftungsinformationszentrale GÖG (bundesweit), 01 / 406 43 43, www.goeg.at/de/VIZ

Sozialpsychiatrischer Notdienst / PSD (Wien), 01 / 313 30, www.psd-wien.at/psd

Krisentelefon (NÖ), 0800 / 20 20 16

Dachverband Hospiz Österreich, www.hospiz.at, 01 / 1 803 98 68

Rotes Kreuz, www.roteskreuz.at/Hospiz, 01 / 58900 121

C. S. Hospiz Am Rennweg, www.cs.or.at, 01 / 717530

Sterben in Würde - das hieß für Brittany Maynard, ihren Todeszeitpunkt selbst zu wählen. Wie zuvor öffentlich angekündigt, nahm die 29-Jährige US-Amerikanerin am Wochenende im Kreis ihrer Familie jene lebensbeendenden Medikamente ein, die ihr ein Arzt schon vor Wochen verschrieben hatte. Dies war möglich, weil die an einem aggressiven, unheilbaren Gehirntumor erkrankte Frau in den US-Bundesstaat Oregon gezogen war. Dort ist, aufgrund eines Gesetztes - der sogenannte "Death with Dignity Act" (Sterben in Würde) diese Form von aktiver Sterbehilfe erlaubt.

Der letzte Schritt von Brittany Maynards entfacht die Diskussion weltweit erneut. Was ist ein menschenwürdiges Sterben? Hat der Mensch überhaupt das Recht, hier einzugreifen? Und: Wo ist die Grenze zwischen lebensverlängernd und sterbenverlängernd? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Intensivmediziner Univ.-Doz. Andreas Valentin, der in der Österreichischen Bioethikkommission eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema leitet. Die Geschichte Brittany Maynards werde darauf aber keine Auswirkungen haben. "Es gibt leider immer wieder derart verzweifelte Situationen, die trotz aller medizinischer Interventionen innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. Das Thema darf nicht klein geredet werden. Aber: der Fokus in öffentlichen Diskussionen darf nicht auf die extremen Ränder dieser Fragestellungen gelegt werden." In Österreich sterben pro Jahr etwa 80.000 Menschen, rund 200 davon betreffen derartige Situationen.

Für den Intensivmediziner Valentin geht es vielmehr um grundsätzliche Betreuung am Lebensende, die dem alten, aber noch immer gewichtigen Begriff "eine gute Sterbestunde" gerecht wird. "Das ist ein ureigenster Wunsch der Menschen quer durch Religionen und Weltanschauungen." Durch den medizinischen Fortschritt habe sich hier einiges verschoben. "Aber der Wunsch danach ist existent geblieben."

Vermischung der Begriffe

Im Zusammenhang mit Sterben und lebensverlängernden Maßnahmen kommt es immer heute wieder zur Vermischung von Begrifflichkeiten. "Da gibt es gravierende Unterschiede." Als Beispiel nennt Valentin die künstliche Beatmung, wenn ein Patient mit einer chronischen Erkrankung wie etwa ALS (Amytrophe Lateralsklerose) dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Die Beatmung gilt nämlich in diesem Fall als Therapie. "Der Patient muss entscheiden, ob er das wollen oder nicht. Eine Therapie gegen seinen Willen kann nicht durchgeführt werden." Allerdings müssen ihm auch die Konsequenzen seines Willens klar sein. Ähnlich könnte die Verweigerung einer Chemotherapie gesehen werden. Denn: "Wenn bei jemandem, der nicht mehr selbstständig atmen kann, die künstliche Beatmung eingestellt wird, führt das unweigerlich zum Tod."

Valentin plädiert dafür, den Begriff Sterbehilfe überhaupt fallen zu lassen. "Es geht doch mehr um ein Zulassen und Begleiten des Sterbens." Man müsse sich - auch als Mediziner - immer die Frage stellen, ob bestimmte Maßnahmen lebens- oder eher sterbensverlängernd seien. Gerade hier wecke die hochtechnisierte Medizin viele Hoffnungen, die gar nicht erfüllbar sind. Und irgendwann sei jede Form von kurrativer (Heilung als Ziel, Anm.) Medizin erschöpft. "Wenn diese nicht mehr greift, kommen palliative Therapien zum Tragen. Im institutionellen Rahmen müssen die zeitlichen und finanziellen Ressourcen zur Pflege und Betreuung Sterbender gestellt werden." Darunter versteht man heute die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Zuwendung, Betreuung, Schmerz- und Angstfreiheit.

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