Musik und Achterbahnen gegen die Unzufriedenheit

Saudi-Arabien.Königshaus will mit Unterhaltungsoffensive seine Macht absichern.

Mohammed bin Salman hat sich viel vorgenommen: Rund 3000 Unterhaltungs-Events will der 30-jährige Prinz allein heuer auf die Beine stellen – Konzerte, Filmfestivals, Theater und Musicals ebenso wie Monster-Truck-Shows, Auftritte von Hollywoodstars oder des Cirque du Soleil. Auf den ersten Blick mag das unspektakulär scheinen, doch in Bin Salmans Heimat kommt es einer Revolution gleich. Denn es handelt sich um Saudi-Arabien. In dem streng islamischen Königreich war öffentliche Unterhaltung lange verpönt. Es gibt keine Kinos; Musik- und Tanzveranstaltungen wurden bisher als unsittlich betrachtet und verfolgt.

Das soll nun der Vergangenheit angehören – trotz aller Widerstände aus ultra-konservativen Reihen. Die Öffnung Saudi-Arabiens für Unterhaltung, Kunst und Kultur ist ein gewichtiger Teil der "Vision 2030", die das Land wirtschaftlich und gesellschaftlich modernisieren soll und deren treibende Kraft Mohammed bin Salman ist. Dem jungen und populären Prinzen geht es dabei aber nicht vorrangig um das Wohl der Untertanen, sondern um den Machterhalt.

Gigantischer Vergnügungspark

Zwar wird die Königsfamilie von der Bevölkerung weitgehend akzeptiert, allerdings hat der Arabische Frühling auch in Saudi-Arabien Spuren hinterlassen. Vor allem Junge verlangen zunehmend Freiheiten im privaten Bereich, die ihnen nun zum Teil gewährt werden sollen – bevor Forderungen nach grundlegenden gesellschaftlichen und politischen Reformen laut werden.

Auch wirtschaftliches Interesse steckt hinter der Unterhaltungs-Revolution, versprechen die derzeit noch hauptsächlich vom Staat organisierten Großveranstaltungen doch lukrative Gewinne – auch in einer fernen Zukunft ohne Erdöl. Mit Blick auf diese plant Prinz Mohammed auch sein ehrgeizigstes Projekt: Eine gigantische Unterhaltungsstadt vor den Toren der Hauptstadt Riad. Auf 334 sollen bis 2022 u. a. ein Freizeitpark des US-Konzerns "Six Flags" mit Achterbahnen und anderen Vergnügungen sowie ein Safaripark entstehen.Bei all den ambitionierten Plänen gibt es jedoch ein großes Hindernis: die rigide Geschlechtertrennung in Saudi-Arabien. Beim ersten Pop-Konzert in Riad seit 28 Jahren wurde Frauen im Februar der Zutritt verwehrt. Nicht aber bei einer Comic-Messe im etwas liberaleren Jeddah, allerdings gab es für Frauen und Männer getrennte Eingänge. Getrennte Bühnen dagegen sind schwer vorstellbar: Mit Spannung wird erwartet, ob der Cirque du Soleil mit seinen Akrobatik-Shows tatsächlich ab Oktober in Saudi-Arabien auftreten wird.

Ein Ausweg für Event-Veranstalter und Besucher könnte es sein, wenn Veranstaltungen als "Familienveranstaltungen" angemeldet werden, wie ein im Mai geplanter Auftritt des US-Schauspielers Al Pacino. Daran dürfen Frauen und Männer gemeinsam teilnehmen, wenn sie verwandt sind. Das zu überprüfen, ist Aufgabe der Sittenpolizei, die mittlerweile aber nicht immer so streng kontrolliert, wie sie eigentlich sollte.

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