Richtungsweisendes Urteil: Schwimmunterricht für alle

Religöse Gründe gelten nicht zur Befreiung vom Schwimmunterricht, so das Urteil.
Das Gericht in Straßburg wies Anrufung von Schweizer Elternpaar ab.

Nein, die zwingende Teilnahme von Mädchen am Schwimmunterricht verletzt nicht die Religionsfreiheit – so lautet kurz zusammengefasst das Urteil, zu dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dem alle 47 Mitglieder des Europarates angehören, am Dienstag kam. Ein richtungsweisender Entscheid.

In dem konkreten Urteil geht es um die Anrufung des Gerichts durch ein türkisch-stämmiges, muslimisches Elternpaar aus Basel in der Schweiz in Folge eines Rechtsstreits mit der Schweizer Justiz. Die Eltern hatten sich geweigert, ihre damals sieben und neun Jahre alten Töchter in den Schwimmunterricht zu schicken. Nachdem eine Mediation gescheitert war, war ein Bußgeld von umgerechnet 1300 Euro verhängt worden. Die Eltern beriefen und gingen bis vor das Bundesgericht – die höchste Instanz –, blitzten vor vier Jahren aber auch da ab. So wie jetzt beim EGMR in Straßburg.

Der EGMR folgte in der Argumentation des Urteils dabei überwiegend dem Urteil des Bundesgerichts. Die Behörden durften demnach der Schulpflicht und der Integration der Kinder Vorrang einräumen gegenüber religiösen Vorbehalten der Eltern. Ein Verstoß gegen Artikel 9 der Menschenrechtskonvention, wie von den Eltern argumentiert, sei nicht auszumachen. Darin heißt es: "Jeder Mensch hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit." Zudem hätten die Behörden den Kindern ja das Recht eingeräumt, in Burkinis am Unterricht teilzunehmen und einen getrennten Umkleidebereich garantiert. In der Bußgeldverhängung sieht der EGMR ebenfalls keinen Rechtsbruch. Der Schule wird dazu – wie auch schon im Schweizer Urteil – eine besondere Rolle bei der Integration zugeschrieben.

In dem konkreten Fall haben die Eltern drei Monate Zeit, eine erneute Befassung des Gerichts zu beantragen. Wobei dem Ansuchen nicht stattgegeben werden muss.

In Deutschland hatte bereits 2013 ein Gericht in Frankfurt am Main mit einem ähnlichen Fall zu tun gehabt und ebenfalls ablehnend entschieden. In Österreich ist kein ähnlicher Fall bekannt. Der Wiener Stadtschulrat gab gegenüber der APA bekannt: Die Teilnahme am Schwimmunterricht sei verpflichtend.

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