Der Aralsee verschwindet langsam

Der Aralsee verschwindet langsam
Erschreckende Bilder: Der ehemals viertgrößte See der Welt ist der kompletten Austrocknung nahe.

Er war bis ins frühe 20. Jahrhundert das viertgrößte Wasserreservoir der Erde. Doch mittlerweile ist eines seiner Becken völlig ausgetrocknet, das zweite deutlich geschrumpft: Wie neue Satellitenaufnahmen der NASA zeigen, hat der Aralsee in Zentralasien in den vergangenen Jahrzehnten bedrohlich an Masse verloren. "Es ist das erste Mal, dass dies in modernen Zeit passiert", so Philip Micklin, Forscher der Western Michigan University, im Gespräch mit dem NASA Earth Observatory. "Und es ist sehr wahrscheinlich, dass die erste Austrocknung seit 600 Jahren etwas mit der Umleitung des Amu-Darya-Flusses ins Kaspische Meer zu tun hat."

Sowjet-Wirtschaft als Stein des Anstoßes

Der Grund für die jetzige Austrocknung ist somit nicht nur in der Klimaveränderung zu suchen. Schuld daran ist auch der Mensch selbst: Seit den 1960ern versuchte die Sowjetregierung in Moskau, das Wasser der Region für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen; man baute dort Baumwolle an und zapfte dafür das Wasser der beiden größten Flüsse – des Amu Darya und des Syr Darya – an.

Seit dieser Zeit hat sich natürlich so einiges geändert. Nicht nur das Sowjetsystem ist kollabiert und hat so zur Verschiebung von Grenzen geführt – der Aralsee liegt nun an der Grenze zwischen Usbekistan und Kasachstan -, auch die Bevölkerungszah ist stetig gewachsen. Mittlerweile leben vier Mal so viele Menschen in der Aralsee-Region wie noch vor 50 Jahren. Gleichzeitig sind die Zuflüsse zum See um ein Vielfaches weniger geworden, wie eine Studie des UN-Umweltprogrammes gezeigt hat – dies ist vermutlich eine Folge der Erderwärmung.

Der Aralsee verschwindet langsam

Der Aralsee im Wandel der Zeit: Hier die Satellitenaufnahmen von 2000 bis 2014 im Zeitraffer.

Klimaveränderungen deutlich sichtbar

Dass es heuer zu einer kompletten Austrocknung gekommen ist, dürfte laut NASA auch mit dem geringen Schneefall in der Region zu tun haben, der den See mit Wasser versorgt. Die Klimaveränderung zeigt sich an den Jahreszeiten besonders gut: Die Winter sind zwar kälter, aber deshalb nicht niederschlagsreicher; die Sommer sind heißer und trockener.

Kasachstan hat das Problem schon vor einigen Jahren erkannt. Mit Hilfe der Weltbank baute man einen Damm, um wenigsten die letzten Wasserreserven zu retten – mit recht wenig Erfolg. Baumwollwirtschaft ist nämlich noch immer verbreitet, und die Region ist extrem intensiv im Wasserverbrauch. Dazu kommt die Ausbeutung von Öl und Gasvorkommen, die über die ausgetrockneten Gebiete zu erreichen sind; verbunden mit dem Erbe der Sowjetunion – einen durch Chemikalien vergifteten Boden – ist die Region um den Aralsee eine ziemlich unwirtliche.

Abschreckendes Beispiel

Für andere Regionen dieser Welt sollte das Drama des Aralsees eine abschreckende Wirkung haben – wie das US-Magazin Slate berichtet, ist der amerikanische Südwesten ebenso eine Zone, in der die Austrocknung stetig voranschreitet. Schon vor 100 Jahren sei der Lake Tulare ausgetrocknet, damals das größte Wasserreservoir westlich des Mississippi; kürzlich ist der Lake Mead nahe des Hoover-Damms auf Rekordniveau gesunken. Und Lake Shasta, das größte Wasservorkommen Kaliforniens, verfügt ohnehin nur mehr über 26 Prozent seiner einstigen Masse.

Trockene Oase: Der See im Wandel der Zeit

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