Mord in Freiburg: Das Trauma von Köln lebt wieder auf

Ein afghanischer Flüchtling soll eine junge Studentin vergewaltigt und ermordet haben – die Debatte darüber driftet ab.

"Dieses und viele andere Opfer würde es nicht geben, wäre unser Land auf die Gefahren vorbereitet gewesen, die mit massenhafter Zuwanderung immer verbunden sind."

Sätze wie diese liest man seit dem vergangenen Wochenende hundertfach im Netz. Sie kommen von Politiker und Anhängern von NPD und AfD, von Hetzern, Rassisten – und von Menschen wie Rainer Wendt, dem Chef der Polizeigewerkschaft DPolG. Seit die Freiburger Polizei bekanntgegeben hat, dass jener Mord an einer 19-Jährigen, der die Stadt seit Wochen in Angst versetzt, von einem 17-jährigen, unbegleiteten Flüchtling aus Afghanistan verübt worden sein soll, kommt das Trauma von Köln wieder hoch: Im Netz wird gepöbelt, und Regierung und Medien wird vorgeworfen, weggeschaut zu haben.

Zweifel an "Informationsfreiheit"

Besonders laut ist die Kritik an der Tagesschau. Dass sie nicht von der Verhaftung des Täters berichtete, wird als "Verschweigen" gewertet – von Bürgern wie von AfD-Chefin Petry, die zweifelt, ob in Deutschland "Informationsfreiheit herrsche".

Tagesschau-Chef Kai Gniffke verteidigte die Entscheidung. Der Mord sei von "regionaler Bedeutung gewesen", die Herkunft des Täters habe keine Rolle gespielt. Man habe geprüft, ob er sich von anderen Morden abhebe, und das sei nicht der Fall gewesen, so Gniffke; nicht ohne hinzuzufügen, dass das zynisch klingen mag, aber nicht so gemeint sei. "Der Gedanke, ein Mensch aus dem eigenen Umfeld könnte das Opfer sein, nimmt einem jeglichen Zynismus."

In der Bundespolitik formuliert man es ähnlich. "So bitter es ist: Solche abscheulichen Morde gab es schon, bevor der erste Flüchtling aus Afghanistan oder Syrien zu uns gekommen ist", so SPD-Chef Sigmar Gabriel; Ähnliches kam von Angela Merkels Sprecher. Die Aussagen des Polizeigewerkschafters Wendt kritisiert man kollektiv: "Dümmer als die Polizei erlaubt", heißt es aus der SPD.

Steilvorlagen für Kritiker

Dennoch: Das Unbehagen ist wieder da – auch, weil vieles an der jetzigen Debatte an jene über die Silvesternacht in Köln erinnert. Da ist die Tatsache, dass Freiburg, ähnlich wie Köln, als liberale Hochburg gilt; seit 2002 regiert dort ein grüner Bürgermeister – das und die Tatsache, dass die Kriminalität durch Migranten in Freiburg zuletzt stieg, ist eine Steilvorlage für Kritiker. Selbst, dass die junge Studentin, die der 17-Jährige vergewaltigt und ertränkt haben soll, sich für Geflüchtete engagierte, wird im Netz zum Gegenargument. Ebenso hämisch wird auch kommentiert, dass ihre Familie in der Traueranzeige um Spenden bat – für Flüchtlinge.

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