"Laut trommeln, um gehört zu werden"

Philippinische Frauenrechtlerin Yuen Abana (60) setzt sich seit Jahrzehnten für soziale Fairness ein.
Philippinen: Yuen Abanas Kampf für soziale Gerechtigkeit wird von der Fastenaktion unterstützt.

Mit mindestens acht Milliarden Dollar haben sich der frühere philippinische Diktator Ferdinand Marcos und seine Frau Imelda bis zu ihrer Flucht 1986 bereichert. Der Diktator ist längst tot, seine Witwe lebt seit 25 Jahren ungestört in ihrer Heimat – und ist sogar Abgeordnete im Parlament (wie Sohn und Tochter auch).

Laut Weltbank und Transparency International war nur Indonesiens Diktator Suharto noch korrupter als die Marcos’, die ein weltweites Geflecht an Konten und Firmen spannen. "Seit Jahren wird nach dem versteckten Vermögen gesucht, aber kaum etwas wurde gefunden", sagt Yuen Abana im KURIER-Gespräch. Offensichtlich sind die Folgen für das Volk: "75 Prozent des Budgets geht in Schuldenrückzahlungen", berichtet die Gewerkschafterin. Viele Jobs im öffentlichen Dienst wurden gestrichen. Der Sparkurs trifft vor allem den Gesundheits- und Bildungsbereich.

"Das öffentliche Schulsystem gibt es fast nicht mehr, nur Privatschulen, für die man zahlen muss. Die meisten können sich das nicht leisten, sie mussten die Kinder aus der Schule nehmen", berichtet Abana, die auf Einladung der Katholischen Frauenbewegung (kfb), die sie im Zuge der Fastenaktion unterstützt, in Österreich ist. "Die Analphabeten-Rate wird massiv steigen."

Ein Bett für fünf Frauen

Unvorstellbar sind die Zustände in öffentlichen Spitälern: "Du musst für alles selbst sorgen, vom Wattetupfer bis zur Arznei. Das Einzige, das du nicht mitbringen oder zahlen musst, ist das Bett – und das gehört dir nicht allein. Auf Geburtsstationen müssen sich bis zu fünf Frauen ein Bett teilen." Wie das geht? "Sie liegen quer und irgendwie neben-, übereinander geschlichtet. Kurz nach der Geburt müssen sie mit dem Baby das Spital verlassen." Nachsatz: "Aufgrund der schlechten Versorgung sterben jeden Tag elf Mütter bei oder nach der Geburt." Die Säuglingssterblichkeit spricht ebenfalls für sich: Je 1000 Lebendgeburten sterben 24 (Österreich: 3).

Auch der Arbeitsmarkt auf den Philippinen ist brutal. "Bei uns werden Frauen, wenn sie ein Kind bekommen, oft gefeuert", sagt Abana. "Die meisten versuchen, mit mehreren Jobs – ohne Anspruch auf Sozialleistungen – irgendwie über die Runden zu kommen. Meist in Heimarbeit – mithilfe der Kinder."

Seit Jahrzehnten engagiert sich Abana politisch. Als junge Frau, vor der Geburt ihrer zwei Söhne, musste sie untertauchen, als Gewerkschaften von Marcos verboten wurden. "Nonnen haben sich um mich gekümmert", sagt sie knapp, und nur nach Nachfrage. Ihre Sache ist es nicht, über sich und ihre Schicksalsschläge zu reden.

Schulden anfechten

Allen anderen gilt ihr unermüdlicher Kampf. Sie geht in Fabriken, um die Frauen darin zu stärken, selbst für ihre Rechte einzutreten; als Führungsmitglied der "Koalition für eine öffentliche Entschuldung" (FDC) spricht sie auch mit Regierungsvertretern, um Verbesserungen zu erzielen. "Wir müssen laut trommeln, damit wir überhaupt gehört werden", sagt sie – und trommelt auf dem Tisch. FDC, ein Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Gruppen, zweifelt an der Rechtmäßigkeit vieler öffentlicher Schulden und fechtet sie an, um Geld für Sozialleistungen frei zu spielen. Die Koalition pocht zudem darauf, dass der Staat das geltende Gesetz zur Gendergerechtigkeit in der Budgetpolitik befolgt.

Zumindest eine Frau schwelgt noch immer im Luxus, auch wenn sie es bestreitet: Imelda Marcos (86). Jetzt soll ihr vom Staat einkassierter Schmuck versteigert werden. Der Wert der Broschen, Halsbänder und Kronen aus Rubinen sowie eines rosafarbenen Diamanten wird auf 18 Millionen Euro geschätzt. Der Erlös soll dem Volk zugute kommen, versicherte die Regierungskommission.

Am Sonntag wird in Österreichs Kirchen für das philippinische Projekt FDC gesammelt. Online-Spenden: www.teilen.at. Oder: Konto der kfb: IBAN AT866000000001250000.

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