Kräftemessen im Klimaschutz-Streit
Dicke Luft am Flughimmel und unter höchsten Regierungsvertretern weltweit: Schuld daran ist das oberste EU-Gericht und seine Entscheidung, künftig auch Fluglinien in den Emissionshandel einzubinden. Weil diese die Luft belasten, müssen sie ab Jänner 2012 Emissions-Zertifikate kaufen, hat das EU-Gericht diese Woche bestätigt. Betroffen sind nicht nur europäische Fluglinien, sondern alle Airlines, die in Europa starten und landen. Widerspenstigen Fluglinien wird mit Geldstrafen und Flugverboten innerhalb der EU gedroht. Die Branche tobt und mit ihr hochrangige Regierungsvertreter rund um den Globus.
So hält US-Außenministerin Hillary Clinton in einen Brief an die EU-Spitze fest, dass sich die EU „in dieser Sache immer mehr isoliert“. Die USA drohen mit Vergeltung. Die Liste möglicher Sanktionen reicht von Handelsbeschränkungen und zusätzlichen Steuern bis zu Strafzöllen.
„Wir lehnen die von der EU anderen aufgenötigte einseitige Gesetzgebung ab“, lässt auch Peking ausrichten. Nach dem Urteil sollen Milliarden-Aufträge aus China beim deutsch-französischen Flugzeugbauer Airbus wackeln. Russland und Indien drohen, den europäischen Airlines die Überflugrechte zu entziehen. Der Protest kommt nicht unerwartet. Bereits im Oktober haben 26 Staaten in Indien einen Erklärung gegen den Zertifikatezwang unterschrieben, darunter Brasilien und die Vereinigte Arabische Emirate.
AUA
Auch wenn jetzt alle Fluglinien zur Kasse gebeten werden, fürchten Europas Airlines Wettbewerbsnachteile. Die Lösung sei „unausgegoren“, erklärt AUA-Sprecher Michael Braun. Wenn ein Passagier künftig von Wien nonstop nach Peking fliegt, muss die AUA Emissionskosten für den gesamten Flug zahlen. Fliegt er mit Zwischenlandung in Dubai, ist nur die Strecke Wien–Dubai betroffen, für Dubai-Peking fallen keine Zertifikatskosten an. Braun: „Die Strecke Wien–Dubai–Peking ist viel länger, es wird mehr Kerosin verbrannt und mehr CO2 emittiert. Obwohl die Umwelt nachweislich stärker geschädigt wird, muss weniger CO2-Abgabe geleistet werden.“
Der Lufthansa-Tochter werden die Verschmutzungsrechte „einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr kosten“. Die gesamte Lufthansa-Gruppe rechnet mit Kosten von 130 bis 300 Millionen Euro im Jahr. Ob diesen Betrag letztlich die Passagiere zahlen, ist offen. Die EU schätzt, dass sich Langstrecken-Tickets um zwölf Euro verteuern.
Transaktion: Lufthansa bringt Tochter BMI an den Mann
Die deutsche Lufthansa-Gruppe, zu der auch die AUA zählt, verkauft ihren jahrelangen Verlustbringer British Midland (BMI) an die International Airlines Group (IAG). Der Kaufvertrag mit der Muttergesellschaft von British Airways und Iberia ist nun fix.
Geld wird der Kranich für seine angeschlagene BMI – die in den ersten neun Monaten 2011 einen operativen Verlust von 154 Millionen Euro eingeflogen hat – aber nicht bekommen. Der Bruttokaufpreis betrage zwar umgerechnet 207 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der vereinbarten Anpassungen werde der Nettokaufpreis jedoch voraussichtlich deutlich negativ ausfallen, hieß es. Für die Deutschen soll sich der Deal aber binnen einem Jahr amortisieren. Auch der BMI-Pensionsfonds soll bei der Lufthansa bleiben.
Zertifikatehandel: Airlines am Start
Rechte Ab 1. 1. 2012 müssen Airlines, die in Europa starten und landen, Rechte für den Ausstoß von Kohlendioxid (sogenannte CO2-Zertifikate) erwerben. 2012 erhalten sie noch 85 Prozent der Zertifikate umsonst, den Rest müssen sie kaufen. Die Branche rechnet 2012 mit Kosten in Höhe von 900 Millionen Euro.
Handel Nicht benötigte Papiere können zum Marktpreis – etwa an der Energiebörse EEX weiterverkauft werden. Wer zu viel CO2 ausstoßt, muss Verschmutzungsrechte kaufen. In Europas Flugverkehr haben sich die Emissionen seit 1990 nahezu verdoppelt.
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